Thursday, February 22, 2007

250 Millionen Dollar Baby - David Mamets bissiger Beitrag zu den Oscars

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http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/feuilleton/?em_cnt=1080852

Monday, February 19, 2007

Comedy-News von Rechts - Fox's Antwort auf die Daily Show

(Franfurter Rundschau, 20.2.2007)

Zwischen Parodie und Häme herrscht ein feiner aber entscheidender Unterschied. Gute Parodien beinhalten ein Augenzwinkern, Häme hingegen ist unumwunden boshaft. Vor allem jedoch sind Parodien witzig. Häme hingegen nicht. Als sich der rechtskonservative US-Fernsehsender Fox kürzlich entschloss, das erfolgreiche Format der Nachrichtenparodien auf dem Kabarett-Kanal Comedy Central zu kopieren, hat er diese Grenze zwischen Parodie und Häme deutlich überschritten.

Die abendliche Daily Show des Kabarettisten Jon Stewart, gefolgt vom „Colbert Report“ seines Kollegen Steven Colbert haben sich in den USA zur obligatorischen Ergänzung der Abendnachrichten auf den etablierten Netzwerken entwickelt. Ihr Erfolg beruht darauf, den Eiertanz der Ausgewogenheit in diesen Medien zu entlarven, der angesichts der Nachrichtenlage seit dem 11. September sowie dem Wahnsinn der Bush-Regierung zusehends abstruser wurde. Die Replik aus dem konservativen Lager, am vergangenen Sonntagabend erstmals auf Fox zu sehen, wirkt hingegen wie eine beleidigte und billige Retourkutsche von rechts aussen.


Da wird etwa von den vermeintlichen Nachrichtensprechern ein T-Shirt-Produzent interviewt, der sein Geld sowohl mit Che Guevara-Hemden, als auch mit dem Konterfeit von Kim Il Jung und Idi Amin verdient. Ziel des Beitrags ist es, die Verherrlichung des südamerikanischen Kult-Revolutionärs durch die Linke zu diskrediteren und sie mit der Verehrung krimineller Diktatoren gleichzusetzen. Doch dem Spot fehlt völlig der Punch – es ist eine lediglich motzige Polemik gegen das, was man sich bei Fox offenbar unter einem linken Weltbild vorstellt. Nicht einmal dem eingefleischtesten Republikaner wird das ein Kichern entlocken.

Das gleiche gilt für die „Werbespots“ der Bürgerrechtsvereinigung ACLU, die die „Half Hour News Show“ jeweils kurz vor der Werbepause einblendet. Da verkündet ein ACLU-Aktivist stolz, dass er für Neo-Nazis das Recht erwirkt hat, ungehemmt Rassenhass zu versprühen und für schwangere Frauen das Recht auf ungehemmten Drogenkonsum. Es ist klar, was damit gesagt werden soll, nur zum Lachen ist das nicht. Ein wohlmeinender aber möglicherweise fehl geleiteter Bürgerrechtler bietet nun einmal nicht die Angriffsfläche, die George Bush täglich durch groteske Inkompetenz sowie Naivität liefert.

Überhaupt kein Humor ist aufzuspüren, wenn über Hilary Clinton gemeldet wird, dass ihre Wahlkampfmannschaft aus multi-ethnischen, multi-konfessionellen Lesben bestehen wird. Oder, dass die Enthüllung von Barack Obamas Kokainkonsum zu Uni-Zeiten ihn nicht einen einzigen Anhänger in der demokratischen Partei gekostet hat. Das ist blanke Galle, die da aus dem konservativen Lager in Richtung der Linken spritzt, die nun, gegen Ende der Bush-Regierungszeit, im Land rasant an Boden gewinnt. Komisch ist daran eigentlich nur die Tonspur mit Studiogelächter, die restlos deplaziert anmutet. Das wäre indes schon wieder Stoff für Stewart oder Colbert. Doch es gibt einen Punkt, an dem der endlose Selbstkommentar der Medien leer läuft. Spätestens dann nämlich, wenn für den Zuschauer nichts mehr dabei heraus springt, als das bissige Ausspucken einer bestens vertrauten Ideologie. Dass dem Propaganda-Sender der republikanischen Partei nichts anderes mehr einfällt, sagt eigentlich alles über den derzeitigen AZustand der Rechten in den USA aus.

Sunday, February 18, 2007

Dubiose Geldtransfers: MoMa-CHef Lowry unter Druck

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Friday, February 16, 2007

Ein Mormone will ins Weisse Haus - Mitt Romney hat seinen Wahlkapmf eröffnet

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http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,466689,00.html

Wednesday, February 14, 2007

Dunkle Wolken über New Orleans - Der Wiederaufbau kommt nicht voran

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http://www.fr-online.de/in_und_ausland/hintergrund/?em_cnt=1075008&

Monday, February 12, 2007

Der König der Wall Street - Stephen Schwarzman feiert seinen 60. Geburtstag an der Park Avenue

(Frankfurter Rundschau, 13.2.2007)

Eigentlich gibt es im anti-monarchistischen Amerika keine Paläste im engeren Sinn. Wenn man dennoch in New York nach einem Palast-ähnlichen Edifiz sucht wird man bald auf das Zeughaus des glorreichen siebten US-Regiments an der Park Avenue stossen. Von Aussen erinnert die „Armory“ mit Zinnen und Ecktürmen an eine Ritterburg. Die Innenräume aus den 1880er Jahren sind indes der Inbegriff amerikanischer Vorstellungen von Prunk. Die überbordenden Ornamente der riesigen Hallen bedienen sich bei der Formensprache aller Hochkulturen der Menschheitsgeschichte: arabischer, japanischer und chinesischer Zierrat vermengen sich unter einem gothischen Gewölbe so hoch wie das Hauptschiff von Notre Dame.

Es ist ein passender Ort für die Krönung eines amerikanischen Königs. Und genau deshalb hat sich wohl Stephen Schwarzman die Armory für die Feier zu seinem 60. Geburtstag am Dienstag ausgesucht, zu der 1500 der wichtigsten Leute Amerikas erwartet werden. Der Sohn eines Kurzwarenhändlers aus Philadelphia feiert nicht nur sein Wiegenfest, sondern auch die Tatsache, dass er auf der obersten Stufe der amerikanischen Gesellschaft angekommen ist. Er ist Chef von Blackstone, der erfolgreichsten Investmentfirma an der Wall Street, die derzeit die mit einem Wert von mehr 39 Milliarden größte Firmenübernahme der Geschichte finanziert. Er verdient rund 100 Millionen Dollar im Jahr, sein Vermögen wird auf dreieinhalb Milliarden geschätzt. Sein 35-Zimmer-Apartment an der Park Avenue ist inklusive der exquisiten Kunstsammlung 100 Millionen wert. Schwarzman ist im Vorstand wichtiger Kultureinrichtung wie dem Kennedy Center in Washington und hat einen direkten Draht zu den Mächtigen der Welt vom Prinzen Michael von Kent bis zu George Bush. „Für ihn gibt es keine Leiter mehr zu erklimmen, er ist angekommen“, sagt der New Yorker Gesellschafts-Reporter Nelson W. Aldrich.

Gesellschaftlich dort hin zu gelangen, wo er jetzt steht, war schon immer Schwarzmans Traum – mehr noch fast, als die Milliarden, die er angehäuft hat. Seit er Ende der 60er Jahre in der Patriziervilla des Wall Street Moguls und Präsidentenberaters Averell Harrimann zum Essen eingeladen war, erzählt Schwarzman freimütig, wollte er immer zu diesen Kreisen gehören. Deshalb hat er stets seine gesellschaftliche Karriere ebenso systematisch verfolgt, wie seine Wall Street Karriere. Es ist gewiss kein Zufall, dass die Wohnung an der Park Avenue, die er jetzt bewohnt, früher John D.Rockefeller Jr. gehörte. Und mit seinem großzügigen Engagement für New Yorker Kultureinrichtungen wie die Public Library und das New York City Ballet ahmt Schwarzman betont den Gestus der „Old Money“- Dynastien wie den Rockefellers, den Morgans und den Carnegies nach. Schwarzman würde nichts lieber, als einmal mit den großen Namen des amerikanischen Kapitalismus in einem Atemzug genannt zu werden.

Die Tatsache, dass er kurz davor steht, diesen Status zu erreichen, beweist Schwarzmans Fähigkeit und Neigung, Regeln zu mißachten und neu zu schreiben. „Es gibt keine wirkliche Klassen-Struktur mehr in New York“, beklagt Michael Thomas, ein ehemaliger Wall Street-Bankier und Romancier. „Nur noch verschiedene Abstufungen der Prominenz.“ Einst zählte für den Eintritt in die Gesellschaft noch vor allem der Stammbaum – heute reicht zunehmend die Größe des Bankkontos. Schwarzman wollte immer gerne heraus bekommen, wie weit sein Geld ihn in der Society bringt.

So, wie er die Regeln der New Yorker Society auf den Kopf stellt, war er auch maßgeblich daran beteiligt, die Regeln der Finanzwelt neu zu schreiben. Schon als Schwarzman 1985 mit seinem Partner Pete Peterson die Firma Blackstone gründete, setzte er auf das Geschäftsmodell der Private Equity Firma, damals noch eher ein Randphänomen der Finanzwelt. Spätestens seit dem Beinahe-Kollaps der globalen Finanzmärkte um die Jahrtausendwende hat sich Private Equity als Zentrum und Zukunft des globalen Kapital-Geschäfts heraus kristallisiert. Und im Zentrum des Zentrums steht Schwarzman.

Schwarzman traf Pete Peterson Anfang der 80er Jahre an der Wall Street bei dem angesehen Investment-Haus Lehmann Brothers. Schwarzman war ein junger, vom Ehrgeiz getriebener Financier, der seine prestigereichen Studienabschlüsse in Yale und Harvard anders als sein Kommilitone George Bush nicht durch Herkunft sondern durch Brillianz und Fleiß ergattert hatte. Peterson hingegen war ein Blaublut, 20 Jahre älter als Schwarzman, ehemaliger Handelsminister unter Richard Nixon und mit ausgezeichneten Kontakten ausgestattet. Die beiden ergänzten und verstanden sich von Anfang an prächtig und als Lehmann aufgeteilt und verkauft wurde, starteten sie zusammen in einem Einzimmer-Büro ihre eigene Firma.

Es war die Zeit, in der an der Wall Street mit fremdfinanzierten Firmenübernahmen – sogenanten Leveraged Buyouts – das große Geld gemacht wurde und Blackstone schwamm zunächst mit dem Strom. Allerdings mit ein paar kleinen aber gewichtigen Unterschieden. Blackstone ließ sich niemals auf feindliche Übernahmen von Firmen gegen den Willen der Vorstände ein. Und Blackstone scheute sich nie, Mitbewerber um die zu übernehmenden Firmen mit ins Boot zu holen und mit ihnen zusammen zu arbeiten. Die Strategie Firmen zu übernehmen, sie durch Entlassungen und sonstige Einschnitte schlank zu machen und für den raschen Dollar wieder los zu schlagen, war Schwarzman immer zu simpel. Interssanter war es für ihn, neue Strategien zu entwickeln, um den Wert der Firmen zu steigern.

Blackstone, das mittlerweile Büros in Hamburg, Paris, London und Atlanta hat und 500 Leute beschäftigt, hat sich seit 1985 auch in andere Ecken des Finanzmarktes gewagt – es betreibt unter anderem einen erfolgreichen Hedge-Fond und ein florierendes Imobiliengeschäft. Kern des Blackstone-Imperiums bleiben jedoch Übernahmen und Umstrukturierungen. Ein Bereich, der seit der Krise vor etwa sieben Jahren boomt. Und mit der jahrzehntelangen Erfahrung auf diesem Gebiet war Blackstone damals in einer idealen Position, den Boom auszunutzen. Seit 2000 landet Blackstone einen Rekord-Deal nach dem anderen. Schwarzmans Ruf als ebenso bedächtiger wie kreativer Investorenvertreter hat Vertrauen bei den Vorständen geschaffen. Und Schwarzman rechtfertigt dieses Vertrauen – sogar den bankrotten Energie-Konzern Enron hat er hin gebogen.

Gerade weil seine Umstrukturierungen komplexer sind, als simple Verschlankungen, wehrt sich Schwarzman gegen die Vorwürfe, dass er ein Schädling am Gemeinwohl sei, wie ihm zuletzt in Deutschland im Zusammenhang mit der Übernahme des Frankfurter Chemiunternehmens Celanese wieder vorgeworfen wurde. „Das basierte auf Angst und nicht auf Fakten“, sagt Blackstone zu der „Heuschrecken-Diskussion“ und kann dabei darauf verweisen, dass es bei Celanese in Deutschland zwischen der Übernahme durch Blackstone und dem Börsengang an der Wall Street eben keine Massenentlassungen gegeben habe. Dass das Unternehmen heute trotzdem gesund ist und Blackstone gleichzeitig 2,3 Milliarden an dem Deal verdient hat, schreibt Schwarzman freilich seiner eigenen Genialität zu.

Dass Skeptiker seine Methoden dennoch kritisieren, weil er die umgedrehten Unternehmen mit hohen Schulden zurück lässt und den Kollaps somit potenziell nur verzögert, juckt den König der Wall Street freilich wenig. Schon gar nicht am Dienstag wenn er an der Park Avenue Hof hält, Rod Stewart für eine Gage von rund einer Million aufspielt und sich Außenministerin Condoleeza Rice mit Edward Kennedy beim Cocktail dezent über Kunst unterhält. Dann wird Schwarzman sich zufrieden umschauen, sich an das Geschäft seines Vaters in Philadelphia erinnern und mächtig über sich selbst staunen.

Sebastian Moll

Saturday, February 10, 2007

Tingel Tour - Floyd Landis reist durch die USA um sich davon zu überzeugen, dass noch jemand an ihn glaubt

(Süddeutsche Zeitung, 8.2.2007)

Nach einer guten Stunde hatte die versammelte New Yorker Radsportszene offenbar genug
Dopinggeschichten gehört. Floyd Landis, so wurde aus dem rund 200 Personen starken Publikum in der Abfüllhalle einer Brooklyner Kultbrauerei gefordert, solle doch lieber nochmal die Geschichte von der Etappe bei der letzten Tour de France erzählen, als er mit seinem heroischen Ritt das Gelbe Trikot eroberte. Landis ließ sich nicht zwei Mal bitten und führte die gebannt an seinen Lippen hängenden Radler in jedem Detail noch einmal durch jene Stunden, in denen er es diesen Deutschen und diesen Spaniern in den Alpen gezeigt hatte. Die Fans dankten dem in skeptischeren Teilen der Welt geächteten Champion mit ausgedehntem Szenenapplaus und Landis gönnte sich mit einem tief zufriedenen Gesichtsausdruck einen großen Schluck der Hausmarke.

Das Ziel des Abends war erreicht. „Diese Veranstaltungen“, gab Landis später zu, „sind eigentlich in der Hauptsache dazu da, um mich ein wenig aufzumuntern.“ Offfenbar braucht Landis derzeit reichlich Aufmunterung, denn er wird in den kommenden Wochen ähnliche Treffen in allen großen Städten der USA sowie in den einschlägigen amerikanischen Radsporthochburgen wie Colorado abhalten. Zusammen mit seinen Rechtsanwälten, seinen PR-Beratern und seinen Ärzten stellt er seiner verbliebenen Anhängerschaft seine Verteidigungsstrategie in den gegen ihn anhängigen sportrechtlichen Verfahren vor. Es ist eine Art Beschwörungsritual bei dem das Landis-Team sich versichert, dass es tatsächlich noch Leute gibt, die hinter dem noch immer amtierenden Tour-Sieger stehen und zugleich diesen Leuten argumentatives Futter für ihre Treue liefert.

Das Alles hat einen konspirativen Beigeschmack – die Zusammenkunft zwischen Braukesseln in einer Seitenstrasse des Brooklyner Szeneviertels Williamsburg wirkte wie die Sitzung eines Geheimbundes, der Strategien für einen Putsch plant. Und tatsächlich will die Landis-Klicke nicht einfach nur in einem Sportgerichtsverfahren einen Freispruch erzielen. Sie wollen das ganze System der Sportjurisdiktion reformieren. „Das System will schnelle Resultate und opfert dabei die Gerechtigkeit“, leitete der Manager des „Floyd-Fairness-Funds“, der Ex-Rennfahrer Brian Rafferty, den Abend ein. Die Lösung, so der smarte PR-Stratrege von der Wall Street, könne nur eine „Amerkanisierung dieses Systems“ sein. Amerikanische Standards von Fairness und Gerechtigkeit sollen her, wie etwa das viel bemühte Recht auf die Unschuldvermutung. Vor allem aber – und das ist wirklich originell – eine „unabhängige“ Kontrolle der Anti-Dopingbehörden. „Unabhängig“ heißt hier privatwirtschaftlich – ganz nach dem Credo der US-Konservativen, dem gemäß alles staatliche suspekt ist. In Europa sieht man das freilich zumeist noch immer anders herum – Unabhängigkeit garantieren hier staatlich finanzierte Instanzen wie die Verbände und die Anti-Doping-Agenturen.

Bevor das ganze System reformiert wird muss Landis freilich erst noch seine Fälle vor der US- Antidopingagentur und ihrem französischen Pendant AFLD vertreten. Die USADA will im Mai über eine Sperre von Landis entscheiden, die AFLD entscheidet heute, ob sie dem Antrag von Landis’ Anwälten statt gibt, das Verfahren über die Sperrung auf französichem Boden zu verschieben. Die Methoden, mit denen Suh und seine Kollegen von der kalifornischen Kanzlei Gibson, Dunn & Crutcher vorgehen, sind dabei im Vergleich zum revolutionären Anspruch konventionell und bestens vertraut. Dem Dopinglabor in Frankreich sollen Verfahrensfehler nachgewiesen werden und bei der USADA spielen die Anwälte auf Zeit, in dem sie zunächst einmal die Herausgabe aller vorliegenden belastenden Unterlagen fordern.

Der Feldzug kann also dauern. Anscheinend hat Floyd Landis einen langen Atem. Man fragt sich allerdings, wie er gedenkt, sich das als arbeitsloser Profi ohne Werbeverträge leisten zu können. Zumal er selbst zugibt, die Kampagne aus eigenen Mitteln „höchstens noch zwei, drei Monate“ durch halten zu können. Etwa zwei Millionen würde die Verteidigung insgesamt kosten, schätzt Brian Rafferty vom „Floyd Fairness Fund“ – zwei Millionen, die mit Radsportler-Treffen in Szene-Kneipen gewiss nicht einzuspielen sind. Auch, wenn der Obolus für einen Abend mit Geschichten über Testosteron und mit zwei Stunden Freibier stolze 35 Dollar beträgt.

Das Geld, das ist klar, kommt von irgendwo anders. Daraus macht Landis auch keinen Hehl und bedankt sich öffentlich bei mysteriösen Gönnern, die ihm das alles ermöglichen. Vermutlich sind das die gleichen Leute, die ihm den Kontakt zu der vornehmen, weltweit operierenden Großkanzlei in Los Angeles, bei der Maurice Suh arbeitet, verschafft haben. „Gemeinsame Bekannte“, so Suh diskret, hätten ihn und Landis zusammen gebracht. Weitere Hinweise verweigerte der junge Karriere-Advokat.

Welches Interesse auch immer diese anonymen Drahtzieher verfolgen – Landis fühlt sich ihnen verpflichtet und widmet, wie er sagt, derzeit seine ganze Kraft dem Kampf gegen die Entrechtung der Athleten durch übereifrige und korrupte Funktionäre. An Radfahren, so Landis sei da parallel nicht zu denken. Landis kennt derzeit nur eine Rundfahrt - seine Tournee durch die Standorte der US-Radsport-Subkultur. Die erste Etappe in New York war dabei magels Konkurrenz ein klarer Sieg. Sogar ein paar Dollar Preisgeld sprangen dabei heraus – ein New Yorker Fan ersteigerte zugunsten des „Fairness Funds“ ein original Gelbes Tour-Trikot von Landis für 2000 Dollar.

Sebastian Moll

Friday, February 09, 2007

Anna Nicole Smith ist tot - Tragisches Ende einer verpfuschten Existenz

Kaum eine Nachricht hat in den vergangenen Wochen Amerika so bewegt, wie der gestrige Tod der 39 Jahre alten Anna Nicole Smith. Seit 15 Jahren, als sie als Playmate auf dem Playboy-Titel erschien, fesselte Nicole Smith die amerikanische Öffentlichkeit mit ihrem bizarren Lebenswandel. In einer Mischung aus Faszination und Mitleid beobachtete die Nation gebannt ein öffentliches Leben, das immer mehr aus dem Ruder lief, und das nun ein tragisches Ende fand.

Am frühen Donnerstag Nachmittag fand eine persönliche Krankenschwester von Smith ihre Patientin bewusstlos auf dem Boden eines Hotelzimmers in Florida. Wiederbelebungsversuche durch Anna Nicole Smiths Bodyguard scheiterten und eine gute Stunde später wurde Smith im örtlichen Krankenhaus für Tod erklärt.


Die Todesursache von Anna Nicole Smith ist vorläufig noch ungeklärt. Eine am Freitag durch geführte Autopsie soll Aufschluss darüber geben, woran sie gestorben ist. Unklar blieb auch, was sie eigentlich in Florida zu tun hatte, wo sie sich mit ihrem derzeitigen Lebensgefährten Howard K. Stern aufhielt. Stern war mit Anna Nicole Smith zusammen in dem Hotelzimmer, als sie gefunden wurde.

Die Indizien sprechen allerdings dafür, dass ihr Tod mit Drogenkonsum zusammenhängt. Schon seit langer Zeit schien Smith bei öffentlichen Auftritten unter Drogen- und Alkoholeinfluss zu stehen. Vor allem in ihrer Fernsehsendung, der Anna Nicole Smith Show, fiel häufig auf, dass sie sich nicht klar artikulieren konnte. Die Sendung war eine Reality Show über das Privatleben von Smith.

Spätestens im vergangenen September wurde Anna Nicole Smiths ohnehin labiler Seelenzustand vollends aus der Bahn geworfen. Drei Tag nach der Geburt ihrer Tochter, Dannielynn war ihr 20 Jahre alter Sohn Daniel Smith während eines Besuchs am Mutterbett von Smith gestorben. Die Todesursache ihres Sohnes war die gleichzeitige Einnahme von Methadon und Anti-Depressiva gewesen. Zu der Trauer um den Sohn kam in den letzten Wochen noch die Belastung einer Vaterschaftsklage hinzu. Der eingetragene Vater von Dannielynn ist Howard K.Stern, Anna Nicole Smiths ehemaliger Rechtswanwalt. Ein ehemaliger Freund von Nicole Smith, der Fotograf Larry Birkhead, beansprucht jedoch ebenfalls die Vaterschaft und hatte in Los Angeles eine Klage um seine Rechte eingereicht. Am heutigen Freitag hatte Anna Nicole Smith im Zusammehang mit der Klage eine DNA-Probe in Los Angeles abgeben sollen.

Die chaotischen Ereignisse der letzten Lebensmonate von Nicole Smith waren indes nur die Fortsetzung eines chaotischen, sehr öffentlichen Privatlebens. Nicole Smith war schon 1994 in die Schlagzeilen der Klatsch-Presse geraten, als sie, damals 25-Jährig, den texanischen Ölmilliardär Howard Marshall heiratete. Marshall war 89 Jahre alt und hatte Smith in einem Strip-Club in ihrer Heimatstadt Houston kennen gelernt, wo sie gearbeitet hatte. Marshall war bereits Smiths zweiter Mann, der Vater ihres ersten Kindes war ein 16 Jahre alter Koch aus einem Schnellrestaurant gewesen, in dem Smith gekellnert hatte.

Smiths neuer Mann, Marshall, starb 14 Monate nach der Hochzeit und Smith erklagte sich zunächst 474 Millionen Dollar aus seinem Erbe. In Folgeprozessen mit Marshalls beinahe 70 Jahre altem Sohn verlor sie das Geld jedoch wieder. Ein weiterer Prozess um das Marshall Erbe war noch in der Schwebe, als Anna Nicole Smith vorgestern starb.

Smith, die in ihrem Auftritt und Aussehen immer versuchte ihr Vorbild Marilyn Monroe nach zu ahmen, gilt als Inbegriff eines Prominententyps, der in den 90er Jahren entstand und heutzutage von Figuren wie Paris Hilton verkörpert wird. Smith war eine der ersten, die, wie die Nachrufe in den amerikanischen Tageszeitungen einstimmig schreiben, nur „für das prominent sein prominent war“. Ausgangspunkt für ihr Leben im Rampenlicht war ihr Sexappeal – das öffentliche Interesse an Smith verlagerte sich jedoch bald auf ihre tragikomischen Schicksalswendungen. Und dieses Interesse erlischt auch nicht mit ihrem Tod – die Spekulationen über die Umstände und Hintergründe der Ereignisse in Florida haben gerade erst beginnen.
Sebastian Moll

Sunday, February 04, 2007

Die alten Wunden brechen wieder auf - Acht ehemalige Mitglieder der Black Liberation Front verhaftet

Frankfurter Rundschau, 4.2.2007

Für die Nachbarn an der 145ten Straße in Queens, einem beschaulichen New Yorker Wohnviertel mit Einfamilienhäusern, war Gabriel Torres-Riviera der freundliche ältere Herr von nebenan. Er pflanzte jeden Frühjahr Stiefmütterchen vor dem Haus, half der alten Dame von Nebenan ihren Müll an die Straße zu bringen und besserte seine Pension mit Übersetzungen aus dem Spanischen auf. Deshalb war es ein Schock, als vergangene Woche in Queens plötzlich drei Polizeistreifen vorfuhren und Herrn Riviera in Handschellen abführten.

Doch Gabriel Torres-Riviera war nur einer von acht Männern im Alter um die 60, die letzten Mittwoch in Kalifornien, New York und Florida fest genommen wurden. Ihnen wird vorgeworfen vor 36 Jahren, 1971, in einer Serie von Überfällen auf Polizeireviere in Kalifornien Polizisten kaltblütig ermordert zu haben. Gabriel Torres-Riviera etwa soll zusammen mit einem Komplizen in ein Revier in San Francisco gestürmt sein und ohne Warnung um sich geschoßen haben. Dabei kam der Polizist John Young ums Leben.

Den verspäteten Zeitpunkt der Verhaftungen begründete das FBI damit, dass es erst jetzt dank moderner Fahndungsmethoden möglich geworden sei, gegen die Verdächtigen stichhaltige Beweise vorzubringen. Im Fall von Mr. Riviera sind das Fingerabdrücke auf einem Feuerzeug, das er am Tatort verloren hatte. So wurde Torres-Riviera und seine Mitangeklagten jäh aus einer sicher geglaubten bürgerlichen Existenz gerissen. Und Amerika wurde an eine Episode seiner Geschichte erinnert, die beinahe gänzlich in Vergessenheit geraten war. Die acht Männer waren damals nämlich Mitglieder der Black Liberation Army – des militanten Zweiges der radikalen Black Panther Party. Und so muss sich Amerika – wie derzeit auch Deutschland – plötzlich mit der Frage beschäftigen, ob die Exzesse der Sechziger und Siebziger Jahre verjährt sind.

Wer die Black Liberation Army war, wissen heute in Amerika nur noch wenige. Während Martin Luther King Jr. mittlerweile ein Nationalfeiertag gewidmet wird, sind Namen wie Huey Newton, Stokley Carmicheal und Eldrige Cleaver nur noch Leuten bekannt, die die Sechziger Jahre erlebt oder sich damit intensiv beschäftigt haben. Die etablierte Geschichtsschreibung ehrt den zivilen Ungehorsam und den Mut zum gewaltfreien Widerstand. Die Tatsache, daß es einen zornigen Terrorismus von innen gab, wird hingegen gerne ignoriert.

Dabei hatte die Black Power Bewegung, aus der die Panthers und schließlich auch die Liberation Army hervor gingen, Ende der Sechziger Jahre in den USA eine immense Zugkraft. In seinem neuen Buch über Black Power zitiert der Journalist Peniel Joseph sogar Martin Luther King selbst, der dazu mahnte, „die Werte von Black Power ernst zu nehmen.“ Immer wieder geriet King so nahe an den Rand seiner Kraft und seiner Geduld, dass der radikalere Weg von Black Power ihm sehr verlockend erschien: „Macht ist nicht das Erbrecht des weißen Mannes“ sagte King einmal. „Aber es wird sie niemand für uns hübsch verpacken und sie uns als Gesetzespaket freiwillig übergeben.“ Eine Rhetorik, die der von Black Power sehr nahe kam.

Als Urszene von Black Power wird gemeinhin Stokley Carmichaels Rede während des Friedensmarsches 1966 durch Mississippi gesehen, den King organisierte hatte. Carmichael war verhaftet worden, kehrte nach einer Nacht im Gefängnis zu den Marschierenden zurück und sagte: „Das ist das 27. Mal, dass ich verhaftet wurde. Und es war das letzte Mal. Die einzige Art und Weise, wie wir den weißen Mann davon abhalten können uns zu mißhandeln, ist, in dem wir die Macht an uns reißen. Ab jetzt fordern wir „Black Power“.“

Carmichael wurde bald zum Vorsitzenden der Black Panther Party, die ein Jahr zuvor Huey Newton und Bobby Seale in San Francisco gegründet hatten. Ihre offizielle Ideologie war ein vergleichsweise kruder Maoismus, zeitweise vermischt mit den pan-afrikanistischen Ideen von Kwane Nkrumah und Malcolm X. Vor allem strahlten sie jedoch wegen ihrer unbeugsamen Pose auf viele Afro-Amerikaner der Zeit eine unwiderstehlichen Anziehung aus. „Sie waren stolz, schwarz und stark. Und sie hatten eine Garderobe, von der man nur träumen konnte“, erinnert sich glühend Henry Louis Gates, heute Professor für afroamerikanische Studien in Harvard. Der schneidige Auftritt mit schwarzen Baretts, Lederjacken und engen schwarzen Rollkragenpullis, machte Newton und Carmichael zu Popikonen und inspirierte den Schriftsteller Tom Wolfe zu seinem zynischen Aufsatz über „radical chic.“

Am Anfang beschränkten die Panthers ihre Gewaltbereitschaft auf die Selbstverteidigung. Sie wollten demonstrieren, daß sie sich gegen Polizeigewalt zur Wehr setzen würden. Als der Staat Kalifornien das Tragen von Feuerwaffen verbieten wollte, marschierten etwa uniformierte Black Panthers mit durchgeladenen Gewehren vor dem Staatskapitol auf. Und in schwarzen Ghettos wie Oakland umzingelten bewaffnete Panthers wie aus dem Nichts Polizeistreifen und hinderten sie daran, schwarze Autofahrer anzuhalten und zu schickanieren.

Dieses martialische Auftreten sowie immer häufigere Feuergefechte mit der Polizei lösten Ende der Sechziger Jahre eine massive Gegenoffensive durch den Staat aus. FBI Chef J.Edgar Hoover identifizierte die Black Panthers als die „größte innere Gefahr“ für die USA und ließ die mittlerweile mehrere Tausend Mitglieder starke Partei von Hunderten von Agenten unterwandern. In Chicago richtete das FBI den Panther Anführer Fred Hampton und seine Familie in deren Wohnung regelrecht hin.

Unter dem Druck des FBI spaltete sich die Partei in einen zivilen Arm, der sich geläutert gab und auf Sozialarbeit in den Schwarzenghettos konzentrierte, sowie in einen militanten, der in den Untergrund ging. Der zivile Arm unter Huey Newton fiel nach und nach den Drogenproblemen seines Anführers zum Opfer. Der militante Arm, die Black Liberation Army unter Eldridge Cleaver verschrieb sich hingegen dem bewaffneten revolutionären Kampf.

Für spektakuläre Großaktionen wie sie etwa die RAF in Deutschland durchführte war die BLA jedoch zu schwach und zu schlecht organisiert. Bis 1981 kam es immer wieder Bankrauben und zu Schießereien mit der Polizei, wie etwa jene, wegen der jetzt die acht alten Männer verhaftet wurden. Das Attentat, dessen sie beschuldigt werden, war eine Racheaktion für die Erschießung eines Black Panther Anführers auf der Flucht aus dem St. Quentin Staatsgefängnis. In den 80er Jahren wurde es dann jedoch still um die schwarzen Terroristen.

Gerade angesichts der Tatsache, daß sich an diese Episode der amerikanischen Geschichte kaum jemand mehr erinnert, wundern sich in den USA nicht wenige, was der Staat heute noch von den alten Männern will. „Das war doch eine andere Zeit“, sagt etwa Elizabeth Fink, eine Rechtsanwältin, die bereits in anderen Fällen Mitglieder der Black Liberation Army vertreten hat. „Man sollte diese Leute in Ruhe lassen.“ Daß die Staatsanwaltschaft 36 Jahre lang verbissen weiter ermittelte, kann Fink nicht verstehen. „Das FBI hasst bis heute diese Leute“, glaubt Stuart Hanlon, der Verteidiger von Hermann Bell, einem der Angeklagten.

Die Vergangenheit ist für manche in den USA eben noch nicht vorbei. Ein wenig dürfte da bei der Ordnungsmacht wohl auch die Angst mitschwingen, daß sich schwarzer Zorn jederzeit wieder in Gewalt entladen kann. Die letzten Unruhen in schwarzen Ghettos sind schließlich erst 13 Jahre her, in South Central LA oder in den verwüsteten Straßen von New Orleans ist die Gewalt noch immer an der Tagesordnung. Die Probleme, die einst freundliche Männer wie Gabriel Torres-Riviera zu den Waffen getrieben haben, bleiben weitgehend ungelöst.

Sebastian Mol

Thursday, February 01, 2007

Helden der schwarzen Sache: Superbowl-Trainer Tony Dungy und Lovie Smith

Zwischen dem Halbfinale und dem Finale der amerikanischen Football-Liga NFL liegen zwei lange Wochen. Zwei Wochen in denen nichts passiert und in denen dennoch durch tägliche Medienberichte das Interesse der Fans am Lodern gehalten werden muss. Viele glauben, dass die Story von der historischen Premiere zweier schwarzer Coaches bei der Superbowl am Sonntag nur zu diesem Zweck aufgeblasen wird. Würden die Zeitungen und Fernsehstationen nicht täglich auf der Hautfarbe von Tony Dungy und Lovie Smith herumreiten, so die Kritiker, dann hätte überhaupt niemand gemerkt, dass sie schwarz sind.

William Rhoden von der New York Times gehört hingegen eindeutig nicht zu denen, die finden, dass aus der Rassenfrage im amerikanischen Sport heutzutage nicht mehr so viel Aufhebens gemacht werden sollte. Rhoden hält die Tatsache, dass die Trainer der Finalgegner Indianapolis und Chicago beide schwarz sind, für alles andere als trivial: „Was für ein Drama“, jubelte Rhoden. „Das ist großartig. Wirklich ein Grund zum Feiern.“ Für Rhoden, der selbst in seiner Jugend Defensive Back für die schwarze Morgan Universität war, ist der Erfolg von Dungy und Smith ein Durchbruch in einem noch immer zutiefst rassistischen Sportbetrieb.


In seinem Buch „40 Millionen Dollar-Sklaven“, das erst im vergangenen Herbst erschienen ist, hat Rhoden die noch immer zutiefst rassistischen Grundstrukturen im amerikanischen Sport bloß gelegt. Die Millionengagen, die schwarze Athleten in den US-Profiligen einstreichen, so Rhoden in seinem Buch, täuschen nur darüber hinweg, daß sie nicht mehr sind, als Marionetten einer von Weißen kontrollierten Maschinerie. „So lange Schwarze nicht die Kontrolle über die Branche übernehmen, die sie ernährt, werden sie immerfort nur die weiße Machtstruktur bedienen“, so Rhoden.

Die Statistik spricht für Rhodens Argument. 70 Prozent der Spieler in der NFL sind schwarz aber in den 32 Mannschaften der Liga gibt es nur sechs schwarze Cheftrainer. Zum General Manager – eine Position, die dem Manager eines Fußball-Bundelsiga-Clubs vergleichbar ist – haben es nur drei Schwarze gebracht. Dabei sind schwarze Trainer ganz sicher nicht minder qualifiziert als Weiße – die sieben schwarzen Trainer der NFL Geschichte haben es zusammen 29 von 50 Mal in die Playoffs geschafft und haben 55 Prozent ihrer Spiele gewonnen.

Trotzdem hat Chicago-Bears Trainer Lovie Smith seinen Posten überhaupt nur wegen der „Rooney Rule“ bekommen – eine Regel, die NFL Teams dazu zwingt, für jeden Trainer-Posten mindestens einen Angehörigen einer Minderheit in Betracht zu ziehen. Die NFL führte die Regel erst im Jahr 2002 nach einer Anti-Diskriminierungsklage ein. Damals hatte die Liga nur zwei schwarze Trainer. „Es gibt nichts zu feiern an einer Liga“, schrieb Kommentator Bomani Jones dehalb bitter auf ESPN.com, „die dazu gezwungen wurde, nicht-weiße Trainer zu beschäftigen und di nun nach 41 Jahren endlich einen schwarzen Trainer in ihrem Finale hat. Das ist nichts, worauf man stolz sein kann. Das ist ein vedammte Schande!“

Die NFL ist allerdings unter den US Profi-Sportarten keine Ausnahme. In der Basketball-Liga NBA spielen zu 75 Prozent schwarze Athleten. Bei den 30 Mannschaften arbeiten jedoch nur 11 Cheftrainer und nur acht General Manager. Nur eine einzige Mannschaft, die Charlotte Bobcats, gehört einem Schwarzen, Bob Johnson. Im Baseball gibt es, 60 Jahre nachdem Jackie Robinson als erster schwarzer US-Sport-Profi für die Brooklyn Dodgers auflief, noch immer nur zwei schwarze Manager.


Solche Zahlen untermauern Rhodens These nur allzu deutlich – nämlich daß Schwarze im amerikanischen Sport trotz der attraktiven Summen die sie verdienen von den Machtpositionen fern gehalten und somit weiterhin prinzipiell ausgebeutet werden. Deshalb wird der Augenblick, in dem entweder Tony Dungy oder Lovie Smith am Sonntag die Superbowl in den Himmel über Miami hebt, mehr sein, als nur der Gewinn einer Meisterschaft. Es wird ein Meilenstein in einem andauernden Kampf, den die amerikanische Gesellschaft noch immer bitter mit sich selbst ausficht.

Sebastian Moll

Helden der schwarzen Sache: Superbowl-Trainer Tony Dungy und Lovie Smith

Zwischen dem Halbfinale und dem Finale der amerikanischen Football-Liga NFL liegen zwei lange Wochen. Zwei Wochen in denen nichts passiert und in denen dennoch durch tägliche Medienberichte das Interesse der Fans am Lodern gehalten werden muss. Viele glauben, dass die Story von der historischen Premiere zweier schwarzer Coaches bei der Superbowl am Sonntag nur zu diesem Zweck aufgeblasen wird. Würden die Zeitungen und Fernsehstationen nicht täglich auf der Hautfarbe von Tony Dungy und Lovie Smith herumreiten, so die Kritiker, dann hätte überhaupt niemand gemerkt, dass sie schwarz sind.

William Rhoden von der New York Times gehört hingegen eindeutig nicht zu denen, die finden, dass aus der Rassenfrage im amerikanischen Sport heutzutage nicht mehr so viel Aufhebens gemacht werden sollte. Rhoden hält die Tatsache, dass die Trainer der Finalgegner Indianapolis und Chicago beide schwarz sind, für alles andere als trivial: „Was für ein Drama“, jubelte Rhoden. „Das ist großartig. Wirklich ein Grund zum Feiern.“ Für Rhoden, der selbst in seiner Jugend Defensive Back für die schwarze Morgan Universität war, ist der Erfolg von Dungy und Smith ein Durchbruch in einem noch immer zutiefst rassistischen Sportbetrieb.


In seinem Buch „40 Millionen Dollar-Sklaven“, das erst im vergangenen Herbst erschienen ist, hat Rhoden die noch immer zutiefst rassistischen Grundstrukturen im amerikanischen Sport bloß gelegt. Die Millionengagen, die schwarze Athleten in den US-Profiligen einstreichen, so Rhoden in seinem Buch, täuschen nur darüber hinweg, daß sie nicht mehr sind, als Marionetten einer von Weißen kontrollierten Maschinerie. „So lange Schwarze nicht die Kontrolle über die Branche übernehmen, die sie ernährt, werden sie immerfort nur die weiße Machtstruktur bedienen“, so Rhoden.

Die Statistik spricht für Rhodens Argument. 70 Prozent der Spieler in der NFL sind schwarz aber in den 32 Mannschaften der Liga gibt es nur sechs schwarze Cheftrainer. Zum General Manager – eine Position, die dem Manager eines Fußball-Bundelsiga-Clubs vergleichbar ist – haben es nur drei Schwarze gebracht. Dabei sind schwarze Trainer ganz sicher nicht minder qualifiziert als Weiße – die sieben schwarzen Trainer der NFL Geschichte haben es zusammen 29 von 50 Mal in die Playoffs geschafft und haben 55 Prozent ihrer Spiele gewonnen.

Trotzdem hat Chicago-Bears Trainer Lovie Smith seinen Posten überhaupt nur wegen der „Rooney Rule“ bekommen – eine Regel, die NFL Teams dazu zwingt, für jeden Trainer-Posten mindestens einen Angehörigen einer Minderheit in Betracht zu ziehen. Die NFL führte die Regel erst im Jahr 2002 nach einer Anti-Diskriminierungsklage ein. Damals hatte die Liga nur zwei schwarze Trainer. „Es gibt nichts zu feiern an einer Liga“, schrieb Kommentator Bomani Jones dehalb bitter auf ESPN.com, „die dazu gezwungen wurde, nicht-weiße Trainer zu beschäftigen und di nun nach 41 Jahren endlich einen schwarzen Trainer in ihrem Finale hat. Das ist nichts, worauf man stolz sein kann. Das ist ein vedammte Schande!“

Die NFL ist allerdings unter den US Profi-Sportarten keine Ausnahme. In der Basketball-Liga NBA spielen zu 75 Prozent schwarze Athleten. Bei den 30 Mannschaften arbeiten jedoch nur 11 Cheftrainer und nur acht General Manager. Nur eine einzige Mannschaft, die Charlotte Bobcats, gehört einem Schwarzen, Bob Johnson. Im Baseball gibt es, 60 Jahre nachdem Jackie Robinson als erster schwarzer US-Sport-Profi für die Brooklyn Dodgers auflief, noch immer nur zwei schwarze Manager.


Solche Zahlen untermauern Rhodens These nur allzu deutlich – nämlich daß Schwarze im amerikanischen Sport trotz der attraktiven Summen die sie verdienen von den Machtpositionen fern gehalten und somit weiterhin prinzipiell ausgebeutet werden. Deshalb wird der Augenblick, in dem entweder Tony Dungy oder Lovie Smith am Sonntag die Superbowl in den Himmel über Miami hebt, mehr sein, als nur der Gewinn einer Meisterschaft. Es wird ein Meilenstein in einem andauernden Kampf, den die amerikanische Gesellschaft noch immer bitter mit sich selbst ausficht.

Sebastian Moll