Tuesday, June 03, 2008

Der Mythos lebt - Das NBA Finale L.A. Lakers gegen Boston Celics lässt die grösste Rivalität des amerikanischen Basketball wieder aufleben

Kevin Garnett war erst neun Jahre alt, doch er kann sich noch genau erinnern, wie das damals war,1987, als sich die Boston Celtics und die Los Angeles Lakers die letzte ihrer legendären Schlachten um den NBA-Titel lieferten. „Meine Mutter hat immer gesagt, ich soll mich nicht so dicht vor den Fernseher setzen, das würde meine Augen verderben“, erzählt der jetzige der Star-Forward der Celtics. „Aber ich konnte mich einfach nicht davon lösen.“

Garnett ist nicht der einzige Baskeballfan bei dem in diesen Tagen lange vergrabene Erinnerung an die grösste Rivalität wach werden, die es im US-Basketball je gab. Wenn am Donnerstag die Celtics gegen die Lakers zum ersten Spiel der diesjährigen Finalserie auflaufen, wird jeder, der alt genug ist, an die Zeiten denken, als sich Magic Johnson und Kareem Abdul Jabbar für L.A. mit Larry Bird und Kevin McHale für Boston 1984, 1985 und 1987 die packendsten, hochklassigsten und erbittertsten Finalpartien in der Geschichte der Liga lieferten. „Das war Basketball in Vollendung“, sagt Byron Scott, der damals für LA spielte und der heute die New Orleans Hornets trainiert. „Zwei Manschaften mit so großartigen Spielern, die so ausgeglichen sind und über so lange Zeit um die Meisterschaft kämpften, das war einmalig.“

Die Rivaltät zwischen Boston und L.A., die Amerika die gesamten 80er Jahre hindurch fesselte, löste einen bislang ungekannen Basketball-Boom im Land aus. Vorher stand der Sport weit im Schatten von Football und Baseball. Bis dahin kamen durchschnitlich gerade einmal 10,000 Zuschauer zu den NBA-Spielen, danach waren es 15,000. Vorher verdiente ein NBA-Profi durchschnittlich 150,000 Dollar, nachher mehr als 750,000. Die Lakers-Celtics Duelle erhoben das Spiel von einem vorwiegend schwarzen Minderheiten-Sport in den Mainstream.
Fesselnd an dem Zweikampf damals war indes nicht nur das Niveau auf dem gespielt wurde – obwohl die Teams zweifellos das Basketball in eine neue Dimesnion beförderten. Es war sicher auch die immense Populariät der beiden Stars – Larry Bird und Magic Johnson, die so beliebt ware, wie nie zuvor Basketballspieler. Hinzu kam, dass das Duell so vieles verkörperte, was Amerika und die Amerikaner bewegte: Die Lakers standen für Geld und Glamour, die Celtics waren die Underdogs, das Proleten-Team. Die Lakers waren ein vorwiegend schwarzes Team, bei den Celtics spielten fast nur Weisse. Die Lakers repräsentierten das lässige, sonnige Kalifornien, die Celtics den alten grauen Osten.

Ob die Lakers und die Celtics der 2000er genauso wie die der Achziger über Jahre hin die Liga dominieren und die Fans begeistern werden, muss man freilich erst noch abwarten. Das diesjährige Finale verspricht aber immerhin schon einmal hart umkämpft, hochklassig und unterhaltsam zu werden. Auf der einen Seite steht Boston, die Sensationsmannschaft des Jahres, die das neue Supertrio Garnett, Paul Pierce und Ray Allen über Nacht von einer Verlierertruppe in eine Favoritenauswahl verwandelt hat. Auf der anderen Seite steht L.A. mit dem zweifellos alles überragenden Spieler der NBA, Kobe Bryant, der im Spanier Pau Gasol drei Jahre nach dem Weggang von Shaquille O’Neal aus LA endlich wieder einen kongenialen Partner gefunden hat. „Die Lakers spielen fantastisch, sie haben einen unglaublichen Lauf“, zieht Paul Pierce den Hut vor den Gegnern. Ähnlich respektvoll äußerte sich Bryant über die Celtics: „Sie haben so viele starke Leute. Das könnte für uns ein Albtraum werden, die alle in Schach zu halten.“

In erster Linie freuen sich die Spieler jedoch darüber, bei diesem Revival dabei sein zu dürfen. „Es ist ein Traum“, sagt Paul Pierce, der in LA aufgewachsen ist und jetzt für Boston antritt. „Diese Rivalität hat das Baskteball revolutioniert und jetzt bin ich ein Teil davon.“ Kevin Garnett geht es ähnlich: „Jeder der Basketball liebt, weiss, was die Celtics-Lakers Rivalität bedeutet. Ich kann es kaum erwarten. Ich muss nur aufpassen, meine Aufgeregtheit darüber im Zaum zu halten.“ Das müssen die Fans zum Glück nicht – sie dürfen ihrer Euphorie über dieses Finale freien Lauf lassen.

Sebastian Moll

Monday, March 03, 2008

Grau als Idee: Jasper Johns am Metropolitan Museum

Wenn man ohne lange Nachzugrübeln die wichtigsten Künstler der US-Nachkriegsavantgarde aufzählen soll, ist Jasper Johns zweifellos einer der ersten Namen, die einem in den Sinn kommen. In seinem Werk laufen die wichtigsten Entwicklungslinien der modernen amerikanischen Kunst zusammen: Johns steht an der Kreuzung von abstraktem Expressionismus, Pop-Art und Minimalismus.

Trotzdem lässt sich seine Kunst in keine dieser Schulen sauber einordnen. Zu eigenwillig und zu komplex ist dazu seine Arbeit – es ist eigentlich unmöglich, Johns auf einen handlichen Begriff zu bringen. Genau das haben aber James Rondeau und Douglas Druick vom Art Institute of Chicago mit ihrer Ausstellung „Gray“ gewagt, die seit dieser Woche am Metropolitan Museum of Art in New York zu sehen ist. „Gray“ versucht dem Besucher das Werk Johns’ zu erschließen, in dem sie seine Auseinandersetzung mit einer einzigen Farbe, der Farbe Grau, untersucht. Für Druick und Rondeau wird Johns über seinen Umgang mit Grau – das sie eher als Zustand, denn als Farbe begreifen - besser zugänglich, als durch irgendeine andere Kategorie.

Verblüffenderweise haben die Kuratoren sich mit diesem Ansatz nicht verhoben. Im Gegenteil, es ist ihnen ein echte Entdeckung geglückt. Eine „wundervolle Ausstellung“ nennt die New York Times die Schau, „die Schattenretrospektive einer Karriere innerhalb einer Karriere.“ Grau, das falle einem beim Gang durch die Räume im zweiten Stock des Metropolitan wie Schuppen von den Augen, sei jene „Farbe, die den Kern von Jasper Johns Sensibilität trifft, jener Ton, der auf natürliche Weise mit Johns fundamentaler Reserviertheit und hartnäckiger Ambiguität korrespondiert, sowie mit seinem einsamen Standpunkt und seiner intellektuellen Rigorosität.“
Wie gut Jasper Johns’ Beschäftigung mit Grau das Wesen seines Schaffens trifft wird schon im ersten Raum der Ausstellung deutlich. Dort hängt das Gemälde „False Start“ von 1959, das 2006 für 80 Millionen Dollar als teuerstes Bild eines lebenden Künstlers an den Hedge Fund Manager Kenneth Grifffin verkauft wurde. Dem „Fehlstart“ der Ausstellung zur Seite gestellt ist „Jubilee“, ebenfalls von 1959. Die beiden Bilder sind Negative von einander: Der „Fehlstart“ ist eine mit grellen Farben überzogene Leinwand, in die durch Schablonen gemalt die Wörter Blau, Orange, Gelb, Weiß und Grau eingelassen sind. Die Farbnamen sind manchmal in der Farbe gemalt, die sie bezeichnen, meistens passen Name und Farbe jedoch nicht zusammen. „Jubilee“ ist indes praktisch ein Abzug des ersten Bildes. Allerdings sind die Farben durch die gesamte Palette von Grautönen zwischen Weiß und Schwarz ersetzt worden.

Wie die Farbe Grau selbst, die keine Farbe sondern eher eine Vielfalt von Schattierungen ist der Diptychon zutiefst ambiguös. Die Farbbezeichnungen werden von ihrem Signifikat losgelöst und somit der Status beider in Frage gestellt. Die Schrift wird, solchermassen von ihrer Bedeutungsfunktion enthoben, zur Malerei, die ihrerseits jedoch als Stempel keinen Verweis auf einen gestalterischen Willen zulässt. Die Farbe selbst bleibt eine stummes unaussprechliches Etwas, das nur auf sich selbst verweist, auf jene „Materialität“, die Johns Zeit seines Lebens in den Vordergrund zu stellen suchte.

Insofern kann man das jubelnde graue Tableau als Lösung des Problems lesen, das sich Johns in dem Fehlfarben-Bild gestellt hatte. In jener Phase seines Schaffens Ende der 50er Jahre war Jasper Johns intensiv auf der Suche nach einem Weg, jegliche Emotion zu überwinden. Davon kündet schon seine berühmte Verwendung wiedererkennbarer Ready-Made Symbole wie der amerikanischen Fahne oder von Zielscheiben – Dinge, die, wie Johns sagt, „das Auge schon kennt“ und die deshalb die Aufmerksamkeit von der Darstellung und dem Dargestellten auf den künstlerischen Prozeß lenken. Farblich war es das Grau, das ihm eine ähnlich strenge Konzentration auf das Malen anstatt auf das Gemalte erlaubte: „Mir ging es in diesen frühen Arbeiten vor allem darum, ein Gefühl von Wirklchkeit zu erzeugen“, sagte Johns in einem Interview für den New Yorker Ausstellungskatalog. „Durch die Verwendung von Grau wird die phsyische Existenz von Gegenständen intensiviert. Grau beraubt das Werk jener Aufgeregtheit, die durch Farbe entsteht. Übrig blieb das, was ich damals wohl als Realität empfunden habe.“

Diese Funktion des Ent-Emotionalisierens und der Betonung des Materials sowie des Schaffensprozesses besitzt die Farbe Grau, wie die Ausstellung zeigt, bei Jasper Johns bis in die späten 60er Jahre. Da ist etwa „Tennyson“ von 1958, bei dem Johns mit Hilfe verschiedener Rahmungen innerhalb des Bildes sechs Ebenen erzeugt, die jedoch alle mit der selben grauen Wachs-Enkaustik überzogen sind. Die Konstruktion verweist auf ein Inneres des Bildes doch in diesem Inneren ist nichts als die Farbe Grau in ihrer wachsigen Konsistenz. Der aufgestempelte Name Tennyson erinnert an den viktorianischen Dichter, der sich seines Seins in der Welt auf ähnlich existentialistisch-minimalistische Art und Weise wie Johns versichert hat.

Auch an seinen berühmtesten Motiven hat Johns den Effekt der Farbe Grau ausprobiert. Unter den 120 grauen Stücken der Ausstellung finden sich auch gut zwei Dutzend amerikanische Fahnen und Zielscheiben. Dabei erscheint, wie bei dem Schritt vom „False Star“ zu „Jubilee“ die Vergrauung wie eine Verfeinerung und Verstärkung des ursprünglichen Gedankens der Arbeit. Die generischen Symbolformen werden durch die Farbe Grau noch mehr ihrer symbolischen Funktion beraubt und die Aufmerksamkeit auf die sinnlichen Qualitäten des Werkes gelenkt.

In den Siebziger Jahren, als Johns’ Arbeit zunehmend weniger stringent und methodisch wurde, begann die Bedeutung der Farbe Grau für ihn abzunehmen. Doch die zugleich ernüchternde Kraft von Grau und ihr vieldeutiger, unsicherer Status als Farbe, ließ ihn nie ganz los. So arbeitete Johns wie selbstverständlich wieder in Grau nachdem er zu Beginn der 80er Jahre im Vorbeifahren an einer Autobahn jenes Schraffur-Muster entdeckt hatte, das ihn fortan ähnlich wie die Fahne und die Zielscheibe vorher über viele Jahre hinaus beschäftigt. Und auch in seinen neuesten Werken – der „Catenary“ Serie, in der er Schnüre vor bemalte Leinwände hängt, spielt Grau wieder eine wichtige Rolle – diesmal als Milieu, das es ihm erlaubt ohne Bruch Abstraktion und Repräsentation, sowie verschiedene Medien zu mischen.

Die Ausstellung am Metropolitan ist ein kuratorischer Coup- es ist Druick und Rondeau gelungen, mit einer einzigen klaren Idee ein gänzlich neues Licht auf eine der komplexesten Figuren moderner Avantgarde-Kunst zu werfen und sie dabei greifbarer zu machen. Zugleich zwingt sie den Besucher dazu, über Grau nicht bloß als Farbe, sondern als Konzept nachzudenken – und somit tief in die Welt von Jasper Johns vorzudringen.

Thursday, February 21, 2008

Stell Dir vor es ist Boxen und keiner schaut zu: Vor dem Klitschko-Kampf im Madison Square Garden

Nicht, dass für den Kampf nicht ausreichend geworben wird. In beinahe allen New Yorker U-Bahnwaggons hängen Annoncen für die Partie zwischen Sultan Ibragimov und Vladimir Klitschko und am Madison Square, wo die Schwergewichtsweltmeister am Samstag gegeneinander in den Ring steigen, prangt ein zehn Meter hohes Banner mit dem Konterfeit der beiden Männer. Doch direkt vor der Arena, auf der wuseligen Siebten Avenue in Midtown Manhattan, weiß trotzdem keiner der Passanten etwas von dem als „Kampf der Kämpfe“ vermarkteten Event. „Ist Tyson nicht mehr Weltmeister?“, meint Ira Blumberg, ein junger Geschätsmann, während er von der Pennsylvania Station unterhalb des Garden über den Bürgersteig zu seinem Taxi hastet. „Interessant, dass sie mich nach Boxen fragen“, sagt Leon Levy, ein gediegener älterer Herr, der mit einer Zeitung unter dem Arm den Boulevard entlang schlendert. „Ich habe früher alle Boxkämpfe gesehen, zu der Ali-Frazier-Zeit, aber ich habe schon lange nichts vom Boxen gehört oder gelesen.“

Das Vereinigungsmatch zwischen den Weltmeistern der beiden Boxverbände WBO und IBF findet in New York, das bei Kämpfen von Joe Louis oder Muhammed Ali im Garden in einen kollektiven Boxrausch verfiel, praktisch keine Beachtung. Die Zeitungen sind voll von den Dopingskandalen im Baseball und vom Verkauf des Basketball-Stars Jason Kidd nach Dallas. Boxen hingegen findet in der Tagespresse praktisch nicht statt. Drei Tage vor dem angeblich größten Kampf seit 1999 waren zudem noch reichlich Tickets für gerade einmal 150 Dollar zu haben. Und Experten wie Dave Anderson, altgedienter Boxreporter der New York Times, erwarteten auch nicht, dass der Garden bis Samstag ausverkauft sein würde. „Zum Boxen gehen hier doch nur noch alte weiße Männer, die sich an die großen Zeiten des Boxens erinnern und Latinos. Der Mainstream interessiert sich in Amerika nicht mehr dafür.“

Der offensichtlichste Grund für die Krise des Schwergewichtsboxens in Amerika ist das Fehlen eines amerikanischen Stars. Spätestens seit Lennox Lewis, eigentlich jedoch, seitdem Mike Tysons Karriere durch seinen ersten Gefängnisaufenthalt 1992 unterbrochen wurde, fehlt in Amerika der starke Mann, der die Massen fesselt. Deshalb stiegen die großen Fernsehnetzwerke nach und nach aus dem Boxen aus – heute gibt es den Sport nur noch auf dem Kabelkanal HBO zu sehen, der in US Haushalten nicht Teil der Kabelgrundversorgung ist.

Der Programmdirektor von HBO, Ross Greenberg, der auf den Sport setzt, weigert sich freilich dennoch, von einer Krise des Boxens zu reden. „Die meisten Zeitungsredakteure haben dem Boxsport den Rücken gekehrt und versuchen jetzt im Nachhinein, Gründe für ihre Entscheidung zu finden“, schiebt er die Verantwortung für das Problem seinen Print-Kollegen zu. In Wahrheit, so Greenberg, gebe es jedoch ein breites Publikum für das Boxen. Um seine These zu belegen, verweist Greenberg darauf, dass erst im Dezember zwei Millionen Menschen je 54 Dollar bezahlt hätten, um im Pay Per View-Verfahren den Kampf im Super-Weltergewicht zwischen Floyd Mayweather und Oscar De La Hoya zu sehen. Weitere vier Millionen hätten sich das Spektakel später im freien Kabelfernsehen in der Zusammenfassung angeschaut. Thomas Hauser, wie Dave Anderson ein altgedienter New Yorker Boxreporter und Buchautor entgegnet auf Greenbergs Argumentation allerdings: „Klar redet Greenberg sich das schön. Er ist ein Boxpromoter wie alle anderen. Fakt ist, dass die Einschaltquoten von HBO jährlich sinken.“ Genaue Vergleichszahlen wollte HBO auf Anfrage dieser Zeitung nicht nennen.

Einig ist man sich unter amerikanischen Boxexperten auf jeden Fall, dass es der Verbreitung des Sport nicht eben gut tut, vier verschiedene Weltmeister zu haben, deren Namen obendrein noch kaum ein Amerikaner aussprechen kann. Der Vereinigungskampf zwischen Klitschko und Ibragimov schafft da nur begrenzt Abhilfe: „Ich finde es überzogen, hier von einem echten Vereinigungskampf zu sprechen“, sagt Thomas Hauser. „Man kann das doch nicht wirklich ernst nehmen.“ Wenn man tatsächlich den besten Schwergewichts-Boxer der Welt ermitteln wollte, stimmt Hauser in den Chor vieler frustrierter Boxliebhaber ein, dann müsse man Klitschko gegen Nikolai Valuev antreten lassen.

Aber auch der Sieger dieses Kampfes könnte wohl nur schwerlich die Popularität des Boxens in den USA retten. Wie wenig Zugkraft Klitschko hier hat, sieht man alleine daran, dass HBO nicht das Risiko eingeht, den Ibragimov-Klitschko-Fight als lukrative Pay Per View-Sendung anzubieten. „So weit sind wir hier noch nicht, dazu müssen wir unseren Bekanntheitsgrad noch deutlich erhöhen“, sagt Klitschko-Manager Bernd Bönte, der zugibt, dass der Fight am Samstag vor allem dazu dienen soll, die Marke Klitschko in Amerika besser einzuführen. Der ansonsten ausgesprochen umgängliche Klitschko selbst reagierte derweil während einer Pressekonferenz am Mittwoch auf seine mangelnde Popularität in den USA ungewohnt schnippisch. Er rede nicht gerne darüber, wie oft er von Fans angesprochen werde, wenn er in New York durch die Stadt laufe, hieß es. Oft wird es wohl nicht gewesen sein.

Thursday, February 14, 2008

Einer lügt hier - Die Dopinganhörungen von Roger Clemens vor dem US-Abgeordnetenhaus

Roger Clemens hatte die Stirn in Falten gelegt, die Augen waren verkniffen und die Mundwinkel nach unten gezogen. Ob er verstehe, dass er hier unter Eid steht, fragte der schwarze Kongressabgeordnete Elijah Cummings aus Maryland von seinem Pult herab den ehemaligen Baseballstar. „Ja, Sir“, erwiderte Clemens mit einem hörbaren Klos im Hals. Ob er sich bewusst sei, was dies bedeute, hakte der Parlamentarier nach. „Ja, Sir“, erwiderte der massige Ex-Rekordschlagmann erneut mit bebender Stimme von seiner Anklagebank aus.

Die Frage von Cummings war eine nachdrückliche Erinnerung an das Baseball-Idol, dass es bei seiner Aussage vor dem Doping-Untersuchungsausschuß des US-Abgeordnetenhauses am Mittwoch um mehr ging, als nur um seinen Ruf und um die Glaubwürdigkeit der Rekorde und Titel aus Clemens’ langer Karriere. Würde Clemens unter Eid erneut behaupten, er habe nie gedopt und würde sich später heraus stellen, dass das eine Falschaussage ist, würde dem 45 Jahre alten Texaner eine Anklage wegen Meineides drohen. So, wie die Anklage, die derzeit sein Kollege Barry Bonds in San Francisco am Hals hat und die ihm Jahre im Gefängnis einbringen könnte. Gleich sechs FBI Agenten saßen am Mitwoch auf dem Capitol Hill in Washington im Publikum, um Material für eine mögliche Strafverfolgung zu sammeln.

Es ging also um viel, auch wenn der Vorsitzende des Kommittees Tom Davis wiederholt betonte, dass die Anhörung keine Gerichtsverhandlung sei. Das Kommittee, so Davis, sei lediglich daran interessiert, die Glaubwürdigkeit des Mitchell-Reports sicher zu stellen – jenes Dossiers des ehemaligen Senators George Mitchell, der im Dezember nach zwei Jahren Recherche zu dem Schuss gekommen war, dass im Nationalsport Baseball über mindestens ein Jahrzehnt lang flächendeckend gedopt wurde. In dem Bericht war zusammen mit rund 80 Kollegen auch Clemens genannt worden. Sein ehemaliger Trainer Brian McNamee hatte nämlich gegenüber Mitchell ausgesagt, Clemens über Jahre hinweg mit dem Wachstumshormon und mit Steroiden versorgt zu haben. Doch Clemens hatte die Aussagen McNamees geleugnet und in den letzten Wochen mit einer großangelegten PR-Kampagne seinen ehemaligen Betreuer zu diskreditieren versucht. Ganze Detektiv-Teams hatte Clemens los geschickt, um Material zu finden, mit dem er McNamee übel beleumunden kann.

Um der Sache auf den Grund zu gehen, ließ das hohe Gremium nun die beiden ehemaligen Partner ihre widersprüchlichen Aussagen unter Eid wiederholen. Es war ein Nervenspiel zwischen Clemens und dem schmalen, blassen McNamee, der einst den kräftigen Werfer fit gemacht hatte. Einer der beiden würde Meineid begehen müssen und die Frage war, ob es der Lügner dabei schafft, die Contenance zu wahren. Keiner der beiden zerbrach letztlich an dem Druck, doch Clemens’ Behauptungen wirkten Live im nationalen Fernsehen noch fadenscheiniger, als in den zahllosen Interviews, die er seit der Veröffentlichung des Mitchell-Reports vor zwei Monaten gegeben hatte.

Als Clemens mit der Aussage seines Kumpels und ehemaligen Mannschaftskollegen Andy Petitte konfrontiert wurde, Clemens habe diesem gegenüber mehrfach die Einnahme von HGH zugegeben, wusste Clemens etwa nur zu sagen, dass sich Petitte wohl verhört haben muss. Um das Mißverständnis plausibel zu machen, versuchte Clemens zu erklären, dass er wohl damals von seiner Frau gesprochen haben muss, die sich von McNamee HGH gegen Alterungserscheinungen habe spritzen lassen. Damit widersprach sich Clemens jedoch selbst, denn er hatte vorher ausgesagt, seine Frau habe erst 2003 von McNamee HGH bekommen. Die Gespräche mit Petitte hatten jedoch schon 1999 und 2000 stattgefunden. Schlimmer noch wurde es für Clemens, als der Abgeordnete Stephen Lynch aus Massachussetts ein äztliches Gutachten von 1998 über ein Hämatom an Clemens’ Hintern vorlegte. Das Hämatom, so das einstimmige Urteil der Sachverständigen, die Lynch befragt hatte, habe nie und nimmer von Vitamin-Injektionen stammen können, wie Clemens dies behauptet. Nach Anabolika-Spritzen seien solche Schwellungen hingegen typisch.

Die eidesstaatlichen Aussagen von Brian McNamee und somit der gesamte Mitchell Report, für den McNamee ein zentraler Informand war, wirkten da schon deutlich glaubhafter. Schon alleine die Tatsache, dass die anderen beiden langjährigen Doping-Patienten von McNamee, Petitte und Chuck Knoblauch, McNamees Geständnisse sowohl gegenüber Mitchell, als auch gegenüber dem Kongressausschuss voll bestätigt hatten, stellten Clemens’ Leugnungen in ein äußerst ungünstiges Licht. Die Inkongruenzen in McNamees verschiedenen Aussagen der vergangenen Monate erklärte der sichtlich gequälte Trainer damit, dass er so lange wie möglich und so weit wie möglich seinen ehemaligen Brötchengeber und Freund habe schützen wollen. Das war deutlich plausibler als Clemens’ verstrickte Geschichten über eine angebliche Anti-Aging Kur seiner Frau.

Trotzdem waren längst nicht alle Abgeordneten von Clemens’ Schuld überzeugt. Der republikanische Kongressmann Dan Burton, ein rechtschaffener Mittelwestler aus dem Bibelstaat Indiana etwa, ging mit einer zehnminütigen Haßtirade wie wildgeworden auf McNamee los. Als notorischen Lügner beschimpfte er den Trainer, ohne diesen überhaupt zu Wort kommen zu lassen und fragte ihn, wie er denn dazu komme, das Ansehen eines „der Titanen“ des Sports zu beschmutzen. In den Tagen vor der Anhörung war Clemens im Abgeordnetenhaus von Büro zu Büro gegangen, um für seine Sache zu werben und es wurde berichtet, dass einige der Parlamentarier sich bei dieser Gelegenheit hatten Autogramme geben lassen. Gewiss war Burton einer von ihnen. Wie viele Amerikaner will der Mann aus Indiana offenkundig noch immer nicht wahr haben, was in seinem Lieblingssport vor sich geht. Spätestens, wenn Clemens vor Gericht steht und Bonds im Gefängnis sitzt, wird Amerika aber wohl daran nicht mehr vorbei schauen können.

Thursday, February 07, 2008

Mitt Romney steigt aus US Wahlkampf aus

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Mitt Romney hat am Donnerstag in einer Rede vor einer Versammlung konservativer Wahlkampforganisationen in Washington bekannt gegeben, dass er seine Kampagne beendet. Romney hatte bei den Vorwahlen am vergangenen Dienstag in 21 US-Staaten weit schlechter abgeschnitten als erhofft und lag nach Vorwahlen in insgesamt 29 Staaten abgeschlagen auf dem dritten Platz der Liste republikanischer Kandidaten. Der führende republikanische Kandidat John McCain wird damit als republikanischer Präsidentschaftskandidat immer wahrscheinlicher. Sein einziger ernsthafter Konkurrent ist nun nur noch der ehemalige Gouverneur von Arkansas Mike Huckebee. Aber Huckabee hat bislang mit 149 lediglich ein Viertel der 600 Delegiertenstimmen, die McCain auf sich vereinigt.


Nach der Vorwahl vom Dienstagabend hatte Romney ursprünglich noch erklärt, er wolle seinen Wahlkampf bis zum Parteitag der Republikaner im August weiter führen. Allerdings hatten seine Wahlkampfstrategen am Mittwoch bereits eingeräumt, dass sie nicht mehr mit einem Sieg Romneys in den verbleibenden Vorwahlen rechnen. Ihre Taktik sei vielmehr, sagte der Finanzchef von Romneys Kampagne Al Cardenas gegenüber der New York Times, McCain daran zu hindern, bis zum Parteitag nicht die erfoderte Anzahl von 1191 Delegiertenstimmen auf sich zu vereinigen. Dann hätte Romney die Möglichkeit gehabt auf dem Parteitag selbst noch in Kampfabstimmungen und mit der Unterstützung anderer Kandidaten die Nominierung zu ergattern.

Bei seiner Rücktrittsrede am Donnerstag sagte Romney jedoch, er müsse für „meine Partei und mein Land in diesen Kriegszeiten“, zur Seite treten. Durch seine weitere Kandidatur, fügte Romney an, hätte er die nationale Kampagne der Republikaner behindert und einen Wahlsieg der Demokraten erleichtert. Das könne sich Amerika jedoch nicht leisten, weil die Demokraten vor hätten, die amerikanischen Truppen aus dem Irak zurückzuziehen. „Das hätte verheerende Folgen“, sagte Romney, der sich wie McCain für eine Fortsetzung des amerikanischen Engagements im Irak eingesetzt hatte.

Mitt Romneys Kampagne war von Anfang an nicht so verlaufen, wie es sich der ehemalige Gourverneur von Massachussetts gewünscht hatte. Romney, der als ehemaliger Unternehmensberater über ein beträchtliches Privatvermögen verfügt, hatte viel Geld in die frühen Wahlkämpfe von Iowa und New Hampshire gesteckt. Romney hatte gehofft dort zu gewinnen und sich dadurch in eine gute Ausgangsposition für den Super Tuesday am 5. Februar zu bringen. Doch Romney verlor in Iowa gegen Mike Huckabee und in New Hampshire gegen John McCain. Romney konnte sich von diesen Niederlagen nie erholen und musste zuletzt 17,4 Millionen Dollar aus der eigenen Tasche in den Wahlkampf stecken, weil es immer schwieriger wurde, Spenden zu sammeln. Insgesamt schließt sein Wahlkampf mit Schulden von ebenfalls 17 Millionen Dollar ab.

Romney hatte jedoch nicht nur finanzielle Probleme, sondern auch politische. Es gelang ihm nicht, sich zwischen seinen Gegnern Mike Huckabee und John McCain erfolgreich zu positionert. Huckabee repräsentiert als ehemaliger Baptistenprediger die wertkonservative republikanische Stammwählerschaft. McCain auf der anderen Seite gilt wegen seiner Erfahrung als Kriegsveteran und als Senator sowie seinen moderaten Positionen bei Themen wie der Einwanderungsreform als der aussichtsreichste Kandidat gegen die Demokraten. Romney hingegen konnte als Mormone nie die evangelikalen Christen, eine mächtige Wählergruppe in den USA, hinter sich vereinigen. Darüber hinausgeriet er in Erklärungsnot, weil er als Gouverneur von Massachusetts sozial liberale Positionen vertreten hatte wie etwa die Befürwortung von Abtreibung, Stammzellenforschung und der Schuwlenehe. Daß er diese Positionen als Präsidentschaftskandidat wieder revidierte, kostete ihn zusätzlich an Glaubwürdigkeit.

John McCain hatte schon am Abend des Super Tuesday eingeräumt, dass er nun wohl „der Spitzenkandidat“ sei. Am Mittwoch fugte McCain-Berater Charlie Black gegenüber der New York Times an, dass es wohl für McCains Gegner „mathematisch praktisch unmöglich“ sein, ihm die Kandidatur noch streitig zu machen. Das gilt nun wohl noch mehr denn je.

Tuesday, February 05, 2008

Der Super Tuesday in New York

Lesen Sie, wie auf den Straßen Manhattans am Dienstag die Stimmung war unter:


http://www.taz.de/1/archiv/dossiers/dossier-praesidentenwahl-in-den-usa-2008/artikel/1/wie-ein-neuer-pop-trend/?src=ST&cHash=dcaffc4cef

Monday, February 04, 2008

Obama und Hillary in Harlem

Wie die Wähler im berühmtesten Schwarzenviertel Amerikas vor dem Tsunami Tuesday zu den Kandidaten stehen

http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?em_cnt=1282818