Thursday, February 01, 2007

Helden der schwarzen Sache: Superbowl-Trainer Tony Dungy und Lovie Smith

Zwischen dem Halbfinale und dem Finale der amerikanischen Football-Liga NFL liegen zwei lange Wochen. Zwei Wochen in denen nichts passiert und in denen dennoch durch tägliche Medienberichte das Interesse der Fans am Lodern gehalten werden muss. Viele glauben, dass die Story von der historischen Premiere zweier schwarzer Coaches bei der Superbowl am Sonntag nur zu diesem Zweck aufgeblasen wird. Würden die Zeitungen und Fernsehstationen nicht täglich auf der Hautfarbe von Tony Dungy und Lovie Smith herumreiten, so die Kritiker, dann hätte überhaupt niemand gemerkt, dass sie schwarz sind.

William Rhoden von der New York Times gehört hingegen eindeutig nicht zu denen, die finden, dass aus der Rassenfrage im amerikanischen Sport heutzutage nicht mehr so viel Aufhebens gemacht werden sollte. Rhoden hält die Tatsache, dass die Trainer der Finalgegner Indianapolis und Chicago beide schwarz sind, für alles andere als trivial: „Was für ein Drama“, jubelte Rhoden. „Das ist großartig. Wirklich ein Grund zum Feiern.“ Für Rhoden, der selbst in seiner Jugend Defensive Back für die schwarze Morgan Universität war, ist der Erfolg von Dungy und Smith ein Durchbruch in einem noch immer zutiefst rassistischen Sportbetrieb.


In seinem Buch „40 Millionen Dollar-Sklaven“, das erst im vergangenen Herbst erschienen ist, hat Rhoden die noch immer zutiefst rassistischen Grundstrukturen im amerikanischen Sport bloß gelegt. Die Millionengagen, die schwarze Athleten in den US-Profiligen einstreichen, so Rhoden in seinem Buch, täuschen nur darüber hinweg, daß sie nicht mehr sind, als Marionetten einer von Weißen kontrollierten Maschinerie. „So lange Schwarze nicht die Kontrolle über die Branche übernehmen, die sie ernährt, werden sie immerfort nur die weiße Machtstruktur bedienen“, so Rhoden.

Die Statistik spricht für Rhodens Argument. 70 Prozent der Spieler in der NFL sind schwarz aber in den 32 Mannschaften der Liga gibt es nur sechs schwarze Cheftrainer. Zum General Manager – eine Position, die dem Manager eines Fußball-Bundelsiga-Clubs vergleichbar ist – haben es nur drei Schwarze gebracht. Dabei sind schwarze Trainer ganz sicher nicht minder qualifiziert als Weiße – die sieben schwarzen Trainer der NFL Geschichte haben es zusammen 29 von 50 Mal in die Playoffs geschafft und haben 55 Prozent ihrer Spiele gewonnen.

Trotzdem hat Chicago-Bears Trainer Lovie Smith seinen Posten überhaupt nur wegen der „Rooney Rule“ bekommen – eine Regel, die NFL Teams dazu zwingt, für jeden Trainer-Posten mindestens einen Angehörigen einer Minderheit in Betracht zu ziehen. Die NFL führte die Regel erst im Jahr 2002 nach einer Anti-Diskriminierungsklage ein. Damals hatte die Liga nur zwei schwarze Trainer. „Es gibt nichts zu feiern an einer Liga“, schrieb Kommentator Bomani Jones dehalb bitter auf ESPN.com, „die dazu gezwungen wurde, nicht-weiße Trainer zu beschäftigen und di nun nach 41 Jahren endlich einen schwarzen Trainer in ihrem Finale hat. Das ist nichts, worauf man stolz sein kann. Das ist ein vedammte Schande!“

Die NFL ist allerdings unter den US Profi-Sportarten keine Ausnahme. In der Basketball-Liga NBA spielen zu 75 Prozent schwarze Athleten. Bei den 30 Mannschaften arbeiten jedoch nur 11 Cheftrainer und nur acht General Manager. Nur eine einzige Mannschaft, die Charlotte Bobcats, gehört einem Schwarzen, Bob Johnson. Im Baseball gibt es, 60 Jahre nachdem Jackie Robinson als erster schwarzer US-Sport-Profi für die Brooklyn Dodgers auflief, noch immer nur zwei schwarze Manager.


Solche Zahlen untermauern Rhodens These nur allzu deutlich – nämlich daß Schwarze im amerikanischen Sport trotz der attraktiven Summen die sie verdienen von den Machtpositionen fern gehalten und somit weiterhin prinzipiell ausgebeutet werden. Deshalb wird der Augenblick, in dem entweder Tony Dungy oder Lovie Smith am Sonntag die Superbowl in den Himmel über Miami hebt, mehr sein, als nur der Gewinn einer Meisterschaft. Es wird ein Meilenstein in einem andauernden Kampf, den die amerikanische Gesellschaft noch immer bitter mit sich selbst ausficht.

Sebastian Moll