Saturday, July 21, 2007

Die Rasmussen-Affäre wird politisiert.Schlammschalcht zwischen ASO und UCI

Albi. Bob Stapleton hatte große Pläne für einen schönen neuen Radsport, als er vor zehn Monaten das Ruder bei T-Mobile übernahm. Dopingfrei sollte der Sport werden, geeint und zentral verwaltet, besser vermarktet und besser in den Medien präsentiert. Er hat seine Pläne noch immer nicht aufgegeben, sein Ehrgeiz ist aber mittlerweile deutlich gedämpft. Nichts geht so voran, wie der ehemalige Konzernmanager sich das vorgestellt hatte und er weiß auch warum: „Das zentrale Problem des Radsports“, sagte er erst in der vergangenen Woche, „ist die Fehde zwischen der Tour de France und dem Radsportverband UCI. Daran scheitert alles.“

Wenn die Theorien stimmen, die am Samstag die Tour de France-Organisation über die französische Presse verbreiten ließ, dann hemmt die Fehde mit der UCI nicht nur die Reform des Radsports, sondern ist ganz unmittelbar dafür verantwortlich, dass das größte Ereignis des Sports, die Tour de France, vor einem erneuten PR-Desaster steht. „Die UCI versucht gezielt die Tour zu destabilisieren“, sagte am Samstag Patrice Clerc, Chef von ASO, der Eignerfirma der Tour. Die UCI, so die Theorie von Clerc, habe die Nachrichten über die Verstösse von Michael Rasmussen gegen das Dopingreglement zurück gehalten und es somit darauf angeleget, dass sie mitten in die Tour platzen.

Es gibt einiges, das für diese These spricht. Rasmussen war am 8. Mai und am 28. Juni von den dänischen Dopingkontrolleuren nicht angetroffen worden – der dänische Verband verwarnte ihn daraufhin am 29. Juni und nahm ihn aus seinem Kader für die Weltmeisterschaften im Herbst. Der Geschäftsführer des dänischen Verbandes Jesper Wörre teilte den Vorgang der UCI mit. Dass er die Information nicht veröffentlichte, begründete UCI-Präsident Pat McQuaid damit, dass „erst ein dritter Verstoss einen Grund für ein Disziplinarverfahren darstellt.“ Am Freitag sagte Wörre dann jedoch dem dänischen Fernsehen zusätzlich, dass Rasmussen auch ein drittes Mal nicht von den Kontrolleuren aufgetrieben werden konnte. Auch diese Information habe er an die UCI weiter geleitet. Ein Disziplinarverfahren gibt es jedoch bis heute nicht. „Wir können nichts gegen Rasmussen unernehmen“, behauptet McQuaid, der derzeit in Irland bei seiner Familie Urlaub macht, stur.

Die Tour-Organisation ist hingegen der Meinung, dass McQuaid die Tour vor dem Start am 5.Juli hätte informieren müssen. So hätte Tour-Direktor Christian Prudhomme Rasmussen daran hindern können zu starten oder gar das Gelbe Trikot zu übernehmen. Deshalb rief Prudhomme am Donnerstagabend um halb elf Pat McQuaid in Dublin an und begann, wie McQuaid berichtete, ihn „ohne Luft zu holen anzuschreien und zu beschimpfen.“ Prudhomme habe ihn wieder und wieder gefragt, ob er denn die Tour töten wolle, erzählte McQuaid. „Irgendwann habe ich einfach aufgelegt.“

Derlei Fehlkommunikation gibt sehr treffend den Stand der Beziehungen zwischen dem Verband und dem größten Rennveranstalter des Radsports wider. Im Juni hatten die beiden Parteien ihre diplomatischen Beziehungen abgebrochen. Seit zwei Jahren wird man sich nicht über die Vermarktung des Profi-Radsports einig. Die UCI möchte die Rennen in einer Pro-Tour genannten Serie zusammenfassen und zentral vermarkten; die Tour-Organisation ASO, die noch weitere Spitzenrennen ausrichtet, fühlt sich in dem Modell der UCI nicht angemessen repräsentiert und fürchtet den Kontrollverlust über ihre Produkte. „Es gibt keinen Ausweg mehr aus dieser Krise“, sagte ASO-Präsident Patrice Clerc nach dem Scheitern der Gespräche.

Mit der gemeinsamen Vermarktung, das zeigt der Fall Rasmussen, scheitert freilich auch ein konzertiertes Vorgehen gegen das Doping. Auch auf diesem Gebiet ergehen sich die Institutionen in Kompetenzgerangel. Die ASO wirft der UCI Laxheit vor, die UCI wehrt sich dagegen, dass die ASO ihr die Hoheit über die Dopinglegislatur streitig macht. Derweil fährt ein Mann um den Tour-Sieg, der unter hochgradigem Dopingverdacht steht. Ein Jahr nach Floyd Landis scheint der Radsport keinen Schritt weiter gekommen zu sein. Aber so wird sich der Streit zwischen UCI und ASO auch vielleicht bald von alleine erldigen. Denn wenn sie so weiter machen, gibt es bald nichts mehr, worüber zu streiten wäre.