Friday, October 27, 2006

New York Social Life

Eine ganz normale Woche in meinem New Yorker Sozialleben. Mein Freund Tim, der früher in New York gelebt hat und jetzt in Berlin ist, ist in der Stadt. Er schickt mir zwei emails und hinterlässt drei Voicemails, dass er mich unbedingt treffen möchte. Mittwochabend geht aber nicht, da ist er auf irgendeinem Fundraiser, auch später am Abend nicht, weil er auf dem Event für sein neues Immobiliengeschäft wichtige Leute trifft und es spät werden kann. Donnerstagabend ist er auch schon ausgebucht, er wollte aber Freitag früh anrufen, ob es zum Lunch klappt. Bis jetzt noch nichts von ihm gehört. Glaube ihm aber irgendwie, dass er es wirklich möglich machen wollte. Irgendwie Morgen fliegt er wieder.

Mit meinem Kumpel Peter, mit dem ich früher jeden Sonntag Fahrrad gefahren bin und vortrefflich dabei über Kunst und Politik und Journalismus und Frauen plaudern konnte, will mich schon seit Wochen mal wieder auf ein Bier treffen. Aber er wohnt jetzt mit seiner neuen Freundin zusammen und die trainiert für einen Marathon und deshalb muss er jetzt morgens immer um fünf aufstehen. Deshalb geht er immer schon um neun ins Bett und zwischen seinem Job, der Arbeit an seinem Roman und seiner Tochter, die er zum Ballett bringen muss, haut es irgendwie nie hin. Immerhin war ich am Mittwoch früh um sechs mit ihm und seiner neuen Freundin im Central Park joggen. Die einzige Chance, ihn mal zu sehen. Wir haben über Marathontraining gesprochen.

Mittwoch abend war ich meiner Trauzeugin, der ehemals besten Freundin meiner Ex-Frau zum Geburtstag in einer Bar im East Village eingeladen. Sie hat keine zwei Sätze mit mir geredet. Hatte das Gefühl mein Auftauchen war ihr peinlich. Bin für ihre Szene zu un-hip – sie ist Trendscout und umgibt sich mit lauter Leuten, die genau wissen, was gerade läuft. Das weiß ich natürlich nicht. Bin nach zwei Bier wieder gegangen und habe lieber alleine in einer Bar noch einen genommen.

Davor war ich auf einer Medienparty in einer schicken neuen Lounge in Chinatown. Habe mich sehr angeregt mit einer Schriftstellerin und Kolumnistin vom Wall Street Journal unterhalten. Habe sogar ihre Karte ergattert. Aber auf meine email am nächsten Tag mit einer Einladung zu einem Drink hat sie nur geantwortet, dass sie gerade mit ihrem Freund zusammen gezogen ist und deshalb im Moment keine Zeit für ein Sozialleben außerhalb der Beziehung hat. Bestimmt würde man sich aber mal wieder begegnen. Bis dann!

Mit meiner Ex-Freundin telefoniere ich jeden Tag. Sich zu treffen, sagt sie, könne sie jedoch derzeit nicht ertragen. Ich irgendwie auch nicht. Weiss auch nicht was die Telefoniererei soll.

Nett war’s wie immer mit meinem deutschen Kollegen Andre. Der hat immer Zeit, ist immer aufgeschlossen und unternehmungslustig. Habe dann, wenn wir einen trinken gehen aber immer das Gefühl, dass wir wie zwei Touristen völlig neben dem eigentlichen New Yorker Leben stehen, nicht richtig dazu gehören. Bescheuert eigentlich.

Heute abend gehe ich zu einer polnischen Jazzband. Eine Schweizerin, mit der ich vor zwei Jahren ein paar Mal ausgegangen bin, macht die PR dafür. Ich weiß nicht, ob ich mich für polnischen Jazz interessiere. Würde gerne mit der Schweizerin wieder Kontakt aufnehmen aber außerhalb des Job-Kontextes ist sie nicht zu kriegen. Für mich jedenfalls nicht. Noch nicht. Dummerweise habe ich zwei Pressekarten bekommen anstatt nur einer und die einzige Begleitung, die zur Verfügung stand, ist eine Musikerin, mit der ich vor einiger Zeit eine Affäre hatte. Wird vielleicht ein anstrengeder Abend. Vielleicht auch ein belangloser. Wahrscheinlich sitze ich am Ende wieder alleine in irgendeiner Bar. Am Wochenende will ich meine Ruhe haben. Wird mir bestimmt nicht schwer fallen