Wednesday, June 06, 2007

Effizienz gegen Enthusiasmus - San Antonio gegen Cleveland im NBA Finale

Es knallten keine Sektkorken, es wurden keine Gesänge angestimmt – in der Kabine der San Antonio Spurs herrschte eher ruhige Zufriedenheit als rauschende Euphorie nach dem Gewinn der Western Conference am vergangenen Mittwoch. Schließlich hat man hier in Texas schon drei mal den NBA-Titel gewonnen - da wird ein Halbfinalsieg eher als ordentlich erledigter Job angesehen, denn als großer Triumph. Es würde aber auch gar nicht zum Stil der Mannschaft passen, übertrieben aus sich heraus zu gehen: Die Spurs sind Meister des Understatement, nüchterne Basketball-Geschäftsleute, die ohne viel Aufhebens tun, was zu tun ist, um erfolgreich zu sein.

In Cleveland ging es nach dem Gewinn des Eastern Conference-Titels gegen Detroit, dem Champion von 2004, da schon ganz anders zu. LeBron James, der 22-Jahre alte Superstar der Cavaliers, stand beinahe eine halbe Stunde lang im Confetti-Regen und streckte unermüdlich die Trophäe für das beste Team im Osten den atemlos jubelnden Fans entgegen. James hatte gegen Detroit die Anhänger des seit langer Zeit erfolglosen Clubs aus Ohio elektrisiert – nicht zuletzt mit seinem 48 Punkte-Auftritt in Spiel Nummer Fünf, bei dem er 29 der letzten 30 Punkte seines Teams schoß und Cleveland in der zweiten Verlängerung zum entscheidenden Sieg der Serie führte.

Die beiden Mannschaften, die ab Donnerstag den Titel um die US-Basketballmeisterschaft unter sich ausmachen, könnten vom Temperament her nicht unterschiedlicher sein. San Antonio ist unterkühlt, effizient und langweilig. Der Stil des Teams ist es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, verkörpert durch ihren lakonischen, wortkargen Kapitän Tim Duncan, der auch „Mr. Fundamental“ genannt wird. Duncan und die Spurs sind überaus effizient auf dem Court, die Fans begeistern sie hingegen nicht. Die Einschaltquote beim letzten NBA Finale mit Spurs-Beteiligung war eine der niedrigsten, seit Basketball im TV übertragen wird. „Sind wir überhaupt in den Nachrichten?“, fragte deshalb Spurs-Manager R.C Buford nach dem Sieg über Utah, schon daran gewöhnt, dass die Öffentlichkeit einfach nicht auf San Antonio achtet, egal wie gut die Mannschaft spielt.


Ganz anders sind da die Cavaliers. Ihr Kapitän LeBron James ist genau der Typ, auf den das amerikanische Publikum anspricht. Er kann den Mund nicht voll genug nehmen, lässt sich bereitwillig als den größten Spieler seit Michael Jordan feiern und hat es sich zum Ziel gesteckt, als erster Sportler der Welt eine Milliarde Dollar zu verdienen. Entsprechend unbescheiden ist er auf dem Platz – wenn er es vermeiden kann, gibt er den Ball nicht ab und es belastet ihn nicht im Geringsten, dass er seine Mannschaftskameraden zu Statisten degadiert. Auf dem Tattoo, das großfächig seinen Rücken bedeckt, steht „Chosen 1“ – der Auserwählte.

Die Fachleute bezweifeln allerdings, dass das außergewöhnliche Talent von James ausreicht, die Cavaliers zum Titel gegen die Spurs zu führen. James gegenüber steht nämlich als Kapitän ein Mann, der das Spiel in seinen zehn Profijahren nicht nur körperlich sondern auch intellektuell bis ins Letzte durchdrungen hat. Duncan kann seine Rolle auf dem Platz beliebig variieren, kann auftrumpfen oder sich zurücknehmen, flüssig zwischen Guard- und Forward-Position hin und her gleiten, je nachdem, wie die Situation es verlangt. Und er hat, anders als James, mit Tony Parker und Manu Ginobili zwei weitere Spieler der Extraklasse neben sich. Einige brilliante Momente wird James sich im Finale wohl trotzdem erspielen. Gewinnen werden aber aller Voraussicht nach die Routine und die Professionalität. Manche mögen das langweilig finden. Duncan und seine Spurs wird das jedoch weiterhin herzlich wenig jucken.

Sebastian Moll