Tuesday, May 01, 2007

Das N-Wort: Wer darf "Nigger" sagen und wer nicht?

Es war beinahe so, als hätten sich die Publizisten von Jabari Asim den Vorfall ausgedacht. Gerade rechtzeitig zur Erscheinung von „The N-word“ -Asims Kulturgeschichte des Wortes „Nigger“ – bezeichnete der weiße Radio-Talker Dan Imus die schwarze Frauenbasketballmannschaft der Rutgers University als „Nappy Headed Hos“ (kraushaarige Nüttchen) und wurde dafür von seinem Sender gefeuert. Die Affäre entfachte in den USA einmal mehr eine heiße Debatte über den Gebrauch abschätziger Begriffe für die schwarze Rasse und darüber, inwiefern solcher Sprachgebrauch „politically correct“ reglementiert werden sollte. „Nappy Headed Hos“ fällt eindeutig ebenso wie „Nigger“ in die Kategorie solcher Begriff und somit exakt in das Fachgebiet von Asim, einem schwarzen Literaturkritiker bei der Washington Post.

Im Grunde knüpft die jetzige Debatte da an, wo Philip Roth vor rund sieben Jahren aufgehört hatte. Die Figur Coleman Silk in Roths „Menschlichem Makel“ verlor ebenso wie Imus seinen Job, weil er die sprachpolizeilichen Grenzen der politischen Korrektheit überschritt, indem er das Wort „Spooks“ für zwei schwarze Studenten verwendete – ein Begriff, der zwar weniger scharf aber nicht weniger eindeutig ist als „Nigger“ oder „Ho“. Roth führte freilich die Hexenjagd gegen Silk ad abusrdum, indem er seine Figur als Schwarzen entwarf, der seine rassische Identität verleugnet hat, um in der weißen Gesellschaft zu reüssieren. Unter dem Strich war für den liberalen Juden Roth das wirkliche Übel das Denken in rassischen Mustern, das Fronten aufbaut und eine Reglementierung auch des sprachlichen Umgangs der Gruppen miteinander überhaupt erst notwendig macht.

Für Asim liegen die Dinge hingegen nicht so einfach. Er glaubt zwar auch, dass Bezeichnungen wie „Nigger“ (oder auch Hos und Spooks sowie verwandte Bezeichnungen wie Jigaboo, Coon, Pickaninny oder Buck) sicherlich in einer Gesellschaft, in der es vollständige rassische Gleichberechtigung gibt, ihre Bedrohlichkeit verlören. So weit sei Amerika aber noch lange nicht und bis es so weit ist, findet Asim, solle man im öffentlichen Raum tunlichst davon absehen, mit solch explosivem Material zu hantieren.

Nun handelte es sich bei Don Imus’ Ausrutscher nicht einfach um die Gedankenlosigkeit eines weißen Suprematisten. Jedenfalls behauptete Imus nachträglich – und das verkompliziert die Sache ungemein – dass er den Hip Hop im Sinn gehabt habe, als er von Nappy Headed Hos sprach. Im Hip Hop und überhaupt in der schwarzen Subkultur werden Bezeichnungen wie Nigger oder Ho mit einer ganz anderen Konnotation verwendet, als im weißen Mainstream. Wenn sich Schwarze gegenseitig als „Nigger“ oder „Ho“ bezeichnen, wie das in Zeiten des Hip Hop üblich geworden ist, dann suggeriert das, wie selbst Asim zugibt, eine Form von liebevoller Zuneigung und Intimität.


Dürfen Weisse wie Imus das dann aber auch? Es gibt Schwarze, die finden das durchaus. Der schwarze Komiker Dave Chapelle etwa sieht den nicht-schwarzen Gebrauch rassistischer Verunglimpfungen in Zeiten ihrer Wiederaneignung durch die schwarze Subkultur als etwas ausgesprochen Positives. „Ich liebe die Ironie darin. Wann immer ich höre, wie ein weißer Jugendlicher einen anderen „Nigger“ nennt, muss ich grinsen. Es demonstriert doch vor allem die Dominanz der schwarzen Popkultur und es ist, wie ich finde, das Beste, was sich seit langem im Verhältnis zwischen den Rassen getan hat.“

Eine solche Argumentation ist Asim jedoch zu dialektisch und zu gefährlich. Solange „das weiße Amerika“ wie er verallgemeinernd schreibt, „seine Schizophrenie zwischen Freiheitsliebe einerseits und Intoleranz andererseits“ nicht aufgelöst habe, müsse man bei den Sprachspielen Vorsicht walten lassen. Die Frage ist allerdings ob solche Zurückhaltung die Probleme eher löst oder eher zementiert.