Monday, November 13, 2006

Die Teflon-Liga: Warum Dopingskandale dem Football nicht schaden

In stillen Momenten wird der Chef der US-Baseball-Liga Bud Selig gewiß fassungslos den Kopf schütteln und sich fragen, was er nur falsch macht. Einst war Baseball doch der unangefochtene amerikanische Nationalsport Nummer Eins. Der Sport war die Verkörperung aller Werte, die die USA in ihrem Innersten zusammen halten, ein nationales Symbol, so heilig wie die Fahne, die Unabhängigkeitserklärung und Coca Cola. Jetzt jedoch ringt der Baseball ausgerechnet mit dem Ghetto-Sport Basketball um den deprimierenden dritten Platz in Amerika, in der Zuschauergunst weit abgeschlagen von Football und Nascar. Die durchschnittliche Football-Mannschaft ist drei mal so viel wert, wie die Major League Baseball (MLB)-Teams und von Fernsehverträgen, wie dem acht Millarden Deal zwischen der NFL und den Fernsehsendern NBC und Fox kann der Baseball nur träumen.

Doch damit nicht genug. Im vergangenen Jahr wurde der Baseball wegen seines Dopingproblems vor einen Untersuchungsausschuss des Kongresses gezerrt, wo schwitzende Stars stundenlang vor laufenden Kameras bohrende Fragen der Parlamentarier beantworten mussten. Und jedesmal, wenn der unter starkem Dopingverdacht stehende Rekordschlagmann Barry Bonds in der gerade zu Ende gegangenen Saison auflief, flogen in den Baseballarenen Spritzen aufs Spielfeld und die Fans veranstalten wütende Pfeiffkonzerte. In der ernsthaften Presse gilt der Baseball seither als durchgängig Anabolika-verseucht.

Nicht so der Football. Fünf positive Dopingfälle hat die Football-Liga zwar schon in dieser Saison. Zu lesen ist davon jedoch kaum etwas. Die Fans registrieren es gar nicht. Die Spieler der Carolina Panthers, die nachweislich jahrelang per Rezept Steroide bezogen, laufen jeden Sonntag unbehelligt und unter dem Jubel ihrer Anhänger auf. Und auch die sechs Spieler der Cincinnati Bengals, die wegen Waffenbesitzes, Trunkenheit am Steuer, des Verprügelns ihrer Ehefrauen sowie wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt vor Gericht stehen, schaden dem Ansehen der NFL nicht im Geringsten.

Dafür, dass bei der NFL nichts aber auch gar nichts was anbrennt, hässliche Rückstände hinterlässt, gibt es nur eine Erklärung: Eine hochprofessionelle PR-Abteilung, die so sorgfältig das Image hütet und managt, wie das eben in einem Multi-Milliarden Dollar-Unternehmen heutzutage üblich ist. Und ein Fanstamm, der sich standhaft weigert, sich seinen Spielgenuß von Störgeräuschen verderben zu lassen.

Sebastian Moll