Wednesday, June 21, 2006

NBA: Miami holt Titel, Nowitzki frutsriert

Wenn sie eine Minute länger auf dem Spielfeld geblieben wären, hätten sich Dirk Nowitzki, Jason Terry, Josh Howard, Trainer Avery Johnson und der Rest der Dallas Mavericks zumindest noch von den Worten von Pat Riley trösten lassen können. Als der Trainer der Miami Heat nach dem 95-92 Sieg seiner Mannschaft im sechsten Spiel der NBA-Finals die Meisterschaftstrophäe entgegen nahm, lobte er als erstes seine Gegner: „Diese tollen jungen Spieler, dieser tolle junge Trainer – ihnen gehört die Zukunft“, verneigte sich Riley vor seinen Gegnern. Doch als die freundlichen Worte aus Riley heraus sprudelten hatten die Mavericks sich bereits mit hängenden Schultern in die Kabine der American Airlines Arena von Dallas verkrochen.


Dort scharten sie sich um Trainer Avery Johnson, der sonst mit Kritik und Härte nicht spart. Jetzt war jedoch alles vorbei und keine noch so scharfe Analyse konnte die Mavericks noch weiter bringen. Alles was Johnson zu sagen blieb waren deshalb Worte des Dankes für einen einmaligen Playoffs-Lauf, der die Mavericks erstmals die Westren Conferemce Meisterschaft brachte und sie in Greifweite des Pokals beförderte. „Ich habe den Jungs nur gesagt, wie sehr ich sie liebe“, sagte Johnson kurz danach im Gang unter der Tribüne in T-Shirt und Badelatschen, befreit von dem adretten Anzug, den er am Spielfeldrand stets trägt.

An einem anderen Abend wäre Johnson mit seinen Jungs nach einem solchen Spiel sicher härter ins Gericht gegangen. Die Mavericks hatten bei ihrem ersten Heimspiel der Serie nach drei Auswärtsniederlagen furios begonnen – bis zu 14 Punkte groß war ihr Vorsprung im zweiten Viertel. Dirk Nowitzki, mit dessen Spiel der Erfolg der Mavericks steht und fällt, hatte in der ersten Hälfte 17 Punkte geworfen, obwohl die Abwehr der Heat ihn eng deckte. Doch dann ging Nowitzki und den Mavericks plötzlich und unerklärlich die Puste aus.

In der zweiten Hälfte gingen vom Feld nur noch 37% der Schüsse der Texaner in den Korb. Nowitzki, der insgesamt beachtliche 29 Zähler sammelte, konnte in der entscheidenden Phase im letzten Viertel nur noch zwei Punkte holen. „Ich will keine Entschuldigungen suchen“, schwieg Avery Johnson zur Vorstellung seines Stars und seines Teams in jenen qualvollen Minuten, in denen ihnen die Meisterschaftshoffnungen vor den Augen zerrann. Explizite Kritik ersparte er sich und der Mannschaft.

Nowitzki selbst, der schon nach der Niederlage in Spiel fünf in Miami die Nerven verloren und ein stationäres Fahrrad zertrampelt hatte, verkroch sich zunächst beinahe eine Stunde lang. Als er wieder aus der Kabine auftauchte konnte er noch immer seine tiefe Enttäuschung nur schwer verbergen. „Vermutlich können wir in ein paar Wochen zurückblicken und stolz darauf sein, was wir erreicht haben“, sagte er mit wenig Überzeugung. „Im Moment ist das jedoch ein harter Brocken und sehr schwer zu verdauen. Der Frust ist enorm.“

Während er zu Dirk Nowitzki schwieg, hatte Avery Johnson zum Star der Miami Heat, Dwayne Wade, sehr viel zu sagen. Wade warf am Dienstag 36 Punkte und wurde im Anschluss als wertvollster Spieler der Serie ausgezeichnet. „Wir haben ihn doppelt und dreifach gedeckt. Nichts hat genutzt“, kommentierte Johnson. „Was er geleistet hat, kann man niemandem beibringen. Das waren keine Tricks. Er hatte einfach einen unbändigen Willen zu gewinnen.“ Dieser Wille hat den Mavericks und Nowitzki am Ende in letzter Konsequenz wohl gefehlt.

Sicherlich hat den Mavericks am Ende, im Vergleich zu den Heat auch ein wenig die Erfahrung gefehlt. So ist Avery Johnson überhaupt erst in seinem ersten Jahr verantwortlicher Trainer – Pat Riley hat mit zwei verschiedenen Teams insgesamt fünf Titel gewonnen. Shaquille O’Neal holte am Dienstag in seiner 12. Profi Saison seinen insgesamt vierten Meisterschaftsring. Schon die ganze Saison hatte es sich O’Neal explizit zur Aufgabe gemacht, dem Jungstar Wade zur Seite zu stehen: „Er ist Batman und ich bin sein Robin“, sagte O’Neal nach dem Sieg.

Nowitzki musste hingegen ohne Robin auskommen. Aber er hat, auch wenn er schon acht Jahre in der NBA spielt, nach einschlägiger Meinung auch noch Zeit. „Wenn man auf dem Weg nach oben stolpert, ist das keine Schande“, sagte etwa Nowitzkis Mentor Holger Gschwindner. Nowitzki selbst wäre am Dienstagabend allerdings wohl lieber nicht gestolpert.