Monday, October 29, 2007

Red Sox Nation: Das Team aus Boston ist nach seinem zweiten Titelgewinn Amerikas unangefochtenes Baseball-Team Nummer Eins

New York. Als „Anders, ganz anders“, beschrieb Mike Lowell, Schlagmann der Boston Red Sox seinen zweiten Meisterschafts-Gewinn im Baseball im Vergleich zu seinem ersten 2003, als er am Sonntag seine Trophäe für die beste Einzelleistung in der Meisterschaftsserie gegen die Colorado Rockies entgegen nahm. „Damals, 2003 mit den Florida Marlins“, erinnerte sich der 33-Jahre alte gebürtige Puerto Ricaner, während er mit Champagner-getränktem T-Shirt vor der Umkleidekabine im Coors Stadion in Denver stand, „hat niemand von uns erwartet, dass wir gewinnen. Da waren wir die Underdogs. Von den Boston Red Sox wird hingegen immer der Sieg verlangt.“

Die Red Sox, die ihre Finalgegner, Aussenseiter Colorado mit vier Siegen in der „World Series“ glatt wegputzten, sind mittlerweile im amerikanischen Baseball eines jener Teams, für die alles andere als ein Meisterschaftsgewinn eine Enttäuschung ist. Finaleinzug oder gar nur das Erreichen der Playoff-Runde ist für die Bostoner seit ihrem letzten Titel 2004 kein anstrebenswertes Ziel mehr, die Ansprüche sind gewachsen. Spätestend mit ihrem Sieg in dieser Saison haben die Red Sox die Rolle des Über-Vereins eingenommen, des FC Bayern des Baseball, die bislang die New York Yankees innehatten.

Dabei waren die Red Sox über Jahrzehnte der Inbegriff der Underdogs. Vor 2004 hatten sie zuletzt 1918 die Meisterschaft gewonnen, eine Wiederholung wollte ihnen einfach nicht gelingen. Man sprach von einem Fluch, der auf Boston lastete, dem „Curse of the Bambino.“ Mit Bambino war dabei der große Babe Ruth gemeint, der 1919 von Boston nach New York wechselte und dabei das Glück scheinbar mit an den Hudson nahm. New York gewann seither 26 Titel, ihre Erzrivalen aus Neu-England nicht einen einzigen. Im Halbfinale 2004, nach 86 Jahren, wendete sich das Blatt jedoch endlich. Boston machte einen Rückstand von drei Spielen wett, gewann die Serie und daraufhin auch die Meisterschaft gegen St. Louis.

Der Titelgewinn änderte alles für die Boston Red Sox. Die Art und Weise wie die Mannschaft sowohl ihre Geschäfte, als auch ihren Sport betrieb, wandelte sich radikal. Der Fenway Park, das Heimstadion den Red Sox, war plötzlich ganzjährig ausverkauft und auch Auswärts wollten mehr Leute die Red Sox sehen, als jede andere Mannschaft. Der Spartensender ESPN überträgt seit 2004 sämtliche Spele der Red Sox, eine Ehre, die ansonsten nur den Yankees zuteil wird. Das Budget des Clubs wuchs auf 143 Millionen Dollar an, was zwar noch immer um 47 Millionen geringer ist als das der Yankees aber mit Abstand größer als das aller anderen Vereine. Spektakuläre Transfers wurden möglich wie zuletzt der Einkauf des japanischsn Stars Daisuke Matsusaka für 103 Millionen über drei Jahre. Um andere Spitzenspieler wie Jose Contreras stritten sich die Red Sox mit den Yankees bis zum letzten Cent.

Die Wiederholung des Meisterschaftsgewinns gelang zwar trotzdem nicht sofort wieder. Er ließ aber auch keine 86 Jahre mehr auf sich warten. In den Playoffs diesen Jahres waren die Red Sox eindeutig die dominierende Mannschaft, ihr Finalgegner Colorado hatte nicht den Hauch einer Chance. Die einst übermächtigen Yankees hingegen zerfallen derzeit regelrecht. Nach dem Erstrundenaus in den Playoffs weigerte sich Trainer Joe Torre einen neuen Vertrag zu unterzeichnen. Ebenso Superstar Alex Rodriguez, von dem nun erwartet wird, dass er bei Boston unterzeichnet.

In New York nimmt man den verlorenen Status als Spitzenmannschaft der Liga indes alles andere als gelassen hin. Team-Besitzer Hank Steinbrenner will von einer „Red Sox“-Nation, von der immer mehr gesprochen wird, nichts hören. „Wenn es eine Red Sox Nation gibt“, geiferte er jüngst miesepeterig, „dann gibt es ein Yankees Universum. Ohne die Rivalität mit uns wären die Red Sox gar nichts. In den letzten 12 Jahren haben wir vier Titel gewonnen, die Red Sox nur zwei.“ Doch all das neidische Meckern nützt Steinbrenner nichts, Amerika hat längst die Red Sox zur nationalen Baseball-Mannschaft Nummer Eins erkoren. Zuletzt hat sich sogar der Präsidentschaftskandidat und ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giulianai zu den Red Sox bekannt. Der US-Baseball hat wohl endgültig eine neue Hackordnung.