Wednesday, March 15, 2006

Baseball WM: Randnotiz in den USA, ein Fest woanders

George Steinbrenner ist nicht gerade für seine Zurückhaltung bekannt und auch im Hinblick auf die Baseball-Weltmeisterschaft machte der Besitzer der New York Yankees aus seinem Herzen keine Mördergrube. Zur neugeschaffenen „World Baseball Classic“, die am kommenden Montag mit dem Finale in San Diego zu Ende geht, ließ er ein Schild an seinem Stadion in der Bronx anbringen, auf dem er sich bei den Yankee-Fans entschuldigte: Diejenigen Anhänger, die bei den Vorsaison-Spielen Stars wie Derek Jeter oder Johnny Damon vermissten, war dort zu lesen, sollten sich doch bitte beim Verband MLB oder bei der Spielergewerkschaft beschweren. Gewerkschaft und Verband hatten sich gemeinsam das Welt-Turnier ausgedacht.

Steinbrenner steht mit seiner offenen Abneigung gegen die Weltmeisterschaft nicht alleine in den USA. Die Medien berichten eher am Rande von dem Turnier – die Aufmacher der Sportseiten beschäftigen sich derzeit vorrangig mit der Endrunde im College Basketball. Die Baseball-Classic Spiele werden zum Teil erst um ein Uhr nachts per Aufzeichnung im Fernsehen gezeigt. Washington Post-Kolumnist Normann Chad schreibt: „Wenn ich 15 Minuten dieser Spiele gesehen habe, langweile ich mich. Niemand, den ich kenne, interessiert sich dafür.“ Auch dass die amerikanische Mannschaft bei dem Turnier eher mittelmässig abschneidet, fördert nicht gerade den Enthusiasmus. Nach Niederlagen gegen Kanada und Korea haben sich die Millionen-Stars gerade so in die zweite Runde gemogelt. Um die Halbfinale-Teilnahme wird noch gezittert.

Die Entschuldigung der Amerikaner ist, dass sie gerade erst aus der Spielpause kommen. Mannschaften wie Cuba, Japan, die Dominaknische Republik oder Puerto Rico hingegen, die bei den Basball-Classics glänzen, hätten sich intensiv auf dieses Turnier vorbereitet. Genau darin, dass die amerikanischen Spieler völlig außer Form antreten, zeigt sich jedoch die ganze Gleichgültigkeit gegenüber der Meisterschaft: „Amerikaner verstehen den Gedanken von internationalen Turnieren nicht“, erklärt Michael Hill von der Baltimore Sun das Problem. „Amerikaner sind es nicht gewohnt, so wie Länder, in denen Fußball ein wichtiger Sport ist, Leidenschaft für ihre Nationalmannschaft zu entwickeln.“

Die Weltmeisterschaft war allerdings auch gar nicht dazu gedacht, die amerikanischen Fans zu begeistern. Nachdem klar war, dass Baseball 2008 wieder aus dem olympischen Programm heraus fliegt, suchte die US-Profiliga nach einem anderen Weg, den Sport international zu vermakten. Mit Hilfe der World Baseball Classic sollen in Lateinamerika, Europa und in Fernost vor allem Fans für die US-Liga gewonnen werden. Die Classic – die nur deshalb nicht Weltmeisterschaft heißt, weil die US-Meisterschaft schon pompös World Series genannt wird – ist vor allem eine Werbeveranstaltung für die amerikanische Liga.


Die Marketingmaßnahme scheint sich allerdings zu verselbstständigen. Denn so wenig der amerikanische Mainstream sich für das Turnier interessiert, so begeistert sind die Anhänger der anderen Teams. Zum Spiel Korea gegen Mexiko in Los Angeles kamen 10,000 Zuschauer mehr als zum Spiel Japan gegen die USA am selben Tag. Die Mehrzahl waren mexikanische und koreanische Emigranten.

Die Medien aus den anderen Teilnehmerländern nehmen ebenfalls regen Anteil – 3,5000 internationale Journalisten sind akkreditiert. Und der Funke scheint auf die amerikanischen Reporter, die zur Baseball-WM abkommandiert wurden, über zu springen. „Das Turnier bietet alles, was man sich wünscht“, schreibt Dick Friedman von Sports Illustrated begeistert. „Leidenschaftliche gespielte Matches, Außenseiter-Siege wie der von Kanada gegen die USA und neue junge Superstars wie das kubanische Wunderkind Yuliesky Gourriel.“ Die MLB sollte die Classic als echte Weltmeisterschaft vermarkten, empfiehlt Friedman deshalb, als ein Turnier, dass wie die Fußball-Weltmeisterschaft das ganze Land bewegt und die Menschen hinter ihrer Nationalmannschaft eint. Dazu müssten die Spieler allerdings auch vernünftig vorbereitet sein. Und Teameigner wie George Steinbrenner dazu zu bringen, seinem teuren Kader das zu erlauben, wird wohl ein hartes Stück Arbeit.